Schweine, Spaß und Ernst

Geh’ aus der Situation raus um ernst genommen zu werden. So lautet eine Forderung, wenn man sich in einer Situation befindet, in welcher soziale Regeln befolgt werden, die mit den eigenen Wünschen kollidieren.

Wo des einen Spaß anfängt, hat des anderen Spaß schon aufgehört. Wenn man sich im spielerischen Gegeneinander befindet, dann ist es für den Offensiven kaum erkenntlich, wann die Grenzen des Spiels überschritten sind. Schließlich soll sich der andere auch wehren, denn sonst funktioniert das Spiel nicht.

Ich hatte so eine Situation mit dem Sohn meiner Cousine. Wir kämpften um einen Schlüssel. Erst war alles noch Spaß. Doch von einem Moment auf dem anderen kippte die Situation für mich. Wenigstens in meiner Wahrnehmung. Ich habe mich darauf konzentriert, dass meine Niederlage als realistische Möglichkeit in Betracht kam. So habe ich übersehen, wie die Situation für den Jungen allmählich kippte. Deswegen schien mir der Wechsel abrupt.

Ein anderes Beispiel ist die typische Situation, in welcher die Frau, aus welchen Gründen auch immer die Lust am Flirt verliert. Sie fängt an abweisender zu werden. Für sie ist ihre Gefühlslage klar, weil sie ihr unmittelbar zur Verfügung steht. Der Mann dagegen erfährt nur allmählich die Änderung. Das Spiel “Flirt” dreht sich sehr oft darum, dass die Frau sich wehrt, in dem sie sich rar macht und ihr Interesse nur sehr subtil mitteilt. Es dreht sich darum, dass die Frau sich gegen die Avancen des Mannes verteidigt, obwohl sie selbst Interesse hat. Für einen Mann in der Situation ist es sehr plausibel, dass das abweisende Verhalten einer Frau nur eine weitere spielerische Abwehr ist. Es gilt die Frau auszutricksen. So bricht die Frau die Situation nicht ab, sondern verschärft lediglich die Bemühungen des Mannes. Wer sich verteidigt, der flirtet. Wer flirtet hat Interesse.

Um in beiden Situationen als Defensiver souverän zu agieren gilt es: Mach’ klar, dass du das Spiel abbrechen willst. Meinem Neffen weise ich selbstverständlich keine Verantwortung zu. Ich war verantwortlich, weil ich der Erwachsene war und er das Kind. Auch wenn ich in dieser Situation erschwerten Bedingungen unterlag, hätte ich besser aufpassen müssen. Ich bin dieser Verantwortung nachträglich nachgekommen, in dem ich ihn erklärt habe, wie die Grenze zwischen Spiel und Ernst funktioniert. Ich habe ihm gesagt, dass es für mich schwer war und ihm meine Sicht erklärt. Dazu habe ich ihm gesagt, dass er solche Situationen vermeiden kann, wenn er in dem Augenblick, wo er es nicht mehr als Spiel empfindet, dies auch so sagt. Auch hier obliegt es nicht seiner Verantwortung das auch umzusetzen. Er ist ein Kind und ist deswegen dieser Verantwortung entbunden, obwohl es selbstverständlich Anforderung ist. Bis er entweder verantwortlich für so etwas gemacht wird oder ohne in Verantwortung zu sein diesen Anforderungen entspricht, gilt es für mich: Aufmerksamer sein.

In Bezug auf die Frau sieht das ganze anders aus. Vielen Frauen ist dieser Zusammenhang nicht klar. Die meisten Frauen, denen ich diesen Zusammenhang erklärt habe, haben protestiert und gesagt, dass man es doch merken müsse. Liebe Frauen: Als Mann befindet man sich in dieser Situation im sozialen Nebel. Es ist ohnehin schon schwer die Gefühle des anderen zu erkennen. Doch wenn Ernst und Spaß im Verhalten kaum einen Unterschied machen, ist dies eine kaum schaffbare Aufgabe.

Soll der Mann im Flirt kühl und rational auf die Zeichen einer Frau reagieren oder soll er vielmehr sich auf die Situation einlassen und mehr von seiner emotionalen Seite einbringen? Ein Flirt wird erst dann zu eine kühlen und rationalen Angelegenheit, wenn man den Gegenüber manipulieren will. Das heißt, man verhält sich gemäß einer Zweckrationalität. Das stellt die Frau in einer Flirtsituation vor die Entscheidung: Entweder man lässt sich zum Mittel des Mannes reduzieren und wird kühl und rational manipuliert oder man akzeptiert die Schwierigkeit, mit welcher ein Mann konfrontiert wird.

Der letztere Fall heißt aber nicht, dass man sich eben mit der Situation abfinden muss. Berührung kann etwas Schönes sein, wenn ein attraktiver Mann die Hand auf den Rücken legt, um die Frau durch die Tür zu führen. Sie kann etwas Anregendes sein, wenn er bewundert das Bein streichelt.

Wenn man dagegen kein Interesse an dem Mann hat, kann die gleiche Berührung mit der gleichen Motivation seitens des Manns eine ganz andere Bedeutung für die Frau gewinnen. Die Hand am Rücken kann sich wie ein ungeduldiger Schubs sein, der zeigt, dass der Mann endlich seinen schweißnassen Körper über die Frau wälzen will. Die Hand auf dem Bein kann vom falschen Mann den puren Ekel auslösen, weil er sich was nehmen will, was nicht ihm gehört und niemals gehören wird.

Die Lösung ist: Sobald du als Frau das Interesse am Mann verlierst, signalisiere es nicht. Sage es in direkten klaren Worten.

  • “Es ist nicht persönlich gemeint, aber ich habe kein Interesse an dir und beende diese Unterhaltung an dieser Stelle.”
  • “Danke für deine Bemühungen, aber ich beende die Unterhaltung. Ich merke, dass ich kein Interesse an dir habe.”

Wenn du dem Gegenüber nicht in klaren Worten vermittelst, dass du kein Interesse (Ernst beginnt, Spaß hört auf) hast und die Situation beendest (Spiel hört auf, die sozialen Regeln ändern sich), gibst du dem Mann keine faire Chance. Für viele Frauen ist das Begehren ein großes Kompliment und selbstverständlich ist so ein Begehren ein sehr Starkes. Verzichte darauf, denn so wie du nicht willst, dass der Mann dich zum Mittel seiner Zwecke macht, mach’ mit ihm nicht das Gleiche. Der Mann ist nicht dafür da, dir ein gutes Gefühl zu geben.

Darüber hinaus nimmst du Schaden in einer solchen Situation. Einerseits du befindest dich in einer unangenehmen Lage, ständig in die Defensive zu gehen. Das ist im Flirtspiel schön, während es normaler Weise unangenehm ist. Indem du dieses Verhalten auslebst, verstärkst du die Anlage der Defensivität. Willst du defensiv sein? Das bedeutet, dass du dich selbst zum Objekt machst, denn wer defensiv ist, reagiert bloß, ist passiv.

Andererseits lernst du, dass Männer oberflächliche Schweine sind, die man zum eigenen Wohl manipulieren soll. Du lernst, deine Gefühle zu unterdrücken, denn sie behindern nur die Zweckrationalität. Wenn du gefühlskalt und manipulierend sein willst, dann nur zu. Doch sei dir der Folgen gewiss. So zu werden geht nicht ohne psychischen Schaden.

Das ist kein Plädoyer der Frau alle Verantwortung zuzuweisen. Kein Mensch hat das Recht die Grenzen eines anderen zu verletzen. Doch von dem Mann zu verlangen die Grenzen zu erkennen, wenn sie sich auf derart subtile Weise verändern, während die Frau die Möglichkeit hat sie klar zu kommunizieren, ist nicht angemessen. Liebe Frau, du hast die Macht Klarheit zu schaffen. Zu deinem Wohl und zum Wohl des Gegenübers. Wenn du sie nicht nutzt, dann sei dir der Folgen gewiss. Du bist nicht verantwortlich für das Verhalten des Mannes, doch du bist für dich und dein Selbst verantwortlich. Die Folgen einer solchen Situation wirst du in voller Schwere tragen. Deswegen rate ich dir: Sei offen und direkt. Auch wenn es unangenehm ist, richtig und falsch ändern sich dadurch nicht.

12 Responses to “Schweine, Spaß und Ernst”

  1. A

    Ein guter Artikel, denn es wird ausnahmsweise mal nicht nur mit dem respektvollen, fairen Umgang mit dem jeweils anderen argumentiert.

    Eine ehrliche und direkte Ansage, gerade im Zwischenmenschlichen, erfordert einerseits ein genaues und wertungsfreies Erforschen der eigenen Gefühle, andererseits die Erkenntnis, dass das eigene Verhalten hier einen größeren Einfluss auf einen selbst hat, als auf den anderen und letztlich ein bisschen Mut. Diese Voraussetzungen scheinen für viele Menschen ein Problem darzustellen.

    Den Absatz über eine kühle und rationale Manipulation finde ich allerdings unverständlich. Ich denke nicht, dass es möglich ist, jemanden zu manipulieren. Stellt man fest, dass die Unterhaltung auf einen Zweck gerichtet ist, bleibt es die eigene Entscheidung, diesen Zweck zu teilen oder nicht. Wenn man sich entscheidet, den Zweck zu teilen, hat man sich nicht derart zum Mittel reduziert, dass man dem anderen unterlegen ist. Richtig bleibt jedoch, eine Ansage zu machen, wenn man den Zweck nicht teilen will.

    Es sollte insgesamt aber auch angemerkt werden, dass das ganze “Spiel” auch für eine Frau oft nicht durchschaubar ist. Aus dem Flirtverhalten eines Mannes sind seine Gefühle und Wünsche nicht ersichtlich. Vielleicht will er Sex, vielleicht hat er mehr Interesse, vielleicht liebt er die Flirterei an sich, vielleicht will er sein Ego streicheln lassen und und und….Auch hier ist ab einem bestimmten Zeitpunkt eine offene Kommunikation angebracht.

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    • donnerundpflicht

      Warum sollte Manipulation nicht möglich sein?

      Das Spiel zu durchschauen heißt nicht, dass man den anderen durchschaut. Es geht um Spielregeln als soziale Regeln. Durchschauen muss man sich nur sich selbst, denn da ist die einzige Verantwortlichkeit (im letzteren Beispiel).

  2. A

    Ach, das Manipulationsthema ist schwierig.

    Als Def.: zielgerichete Beeinflussung des Verhaltens/Denkens von anderen, ohne dass diese die Beeinflussung wahrnehmen; Fremdbestimmung (Im allg. Sprachgebrauch ist der Begriff auch noch negativ konnotiert = für die Person nachteilige Fremdbestimmung. Das lasse ich hier raus.)

    Mein Ausgangspunkt war, dass es nicht stringent ist, den (erwachsenen, nicht geistig behinderten) Menschen die Verantwortung für ihr Verhalten zuzuweisen und ihnen gleichzeitig abzusprechen, bewusst willentlich zu handeln. Deshalb habe ich mich mal dafür entschieden, den Menschen “aufzuerlegen”, dass sie fähig sind, ihre Entscheidungen bewusst willentlich zu treffen, zu überdenken. Wenn ich davon ausgehe, dass sie das auch tun, dann dürfte eine Beeinflussung des Verhaltens nur soweit möglich sein, wie sie sich selbst auch dafür entschieden haben, den Einfluss anzunehmen, gleichgültig, ob dieser für sie positiv oder negativ ist. Eine Fremdbestimmung scheidet damit aus. Es bleibt natürlich die Möglichkeit, jemanden anzulügen und damit ein bestimmtes Verhalten hervorzurufen. Auch dann ist die Entscheidung allerdings willensgetragen, basiert nur auf falschen Voraussetzungen.

    Die Spielregeln habe ich auch nicht kritisiert, mich allerdings unpräzise ausgedrückt. Ich will daran erinnern, dass auch Frauen während des Spiels im Nebel stochern und der Appell, sich an bestimmte Regeln zu halten, an alle rausgehen muss.

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    • donnerundpflicht

      Manipulation ist in dem Szenario trotzdem möglich. Wenn ich nämlich Falschinformationen verteile und andere auf Basis dieser Informationen entscheiden. Diese Art der Manipulation ist sogar die übliche Form der Medien. Man denke nur an das Lügen und Betrügen in Seifenopern. Es geht dabei nicht um Fremdbestimmung, in dem man Menschen die Autonomie entzieht (was zweifellos möglich ist, wenn man an Verhörmethoden denkt). Vielmehr kann man bei einer Art der Manipulation die Voraussetzungen der Selbstbestimmung beeinflussen.

      Den Gedanken mit den Behinderten kann man noch weiter fassen, denn du wirst wahrscheinlich (hoffentlich) in deinem Alltag beobachten können, dass Menschen im Allgemeinen Bewusstheit im Leben vermeiden (Alkohol trinken, Gefühl als wichtigstes Entscheidungskriterium usw.). Ihnen Bewusstheit als Selbstbestimmtheit zu unterstellen ist genauso unangemessen wie im Falle der geistig Behinderten.

  3. A

    Das Verteilen von Falschinformationen ist nur eine andere Formulierung für Anlügen. Auch auf Basis von falschen Informationen können die Menschen willentlich Entscheidungen treffen. Sie sind nämlich zB immer noch in der Lage, weitere Informationen einzuholen. Ob sie das tun oder nicht, liegt nicht an ihrer Fähigkeit, sondern am Wollen. Gutes Beispiel ist hier die Werbung. Bzgl. der Verhörmethoden müsstest du konkreter werden. Eigentlich habe ich erwartet, dass du explizit bei dem “fähig-dazu-sein” eingreifst. Denn nur aus dem Vorhandensein der Fähigkeit folgt nicht, dass diese Fähigkeit auch genutzt wird. Hier setzt dann die Beobachtung an, dass Menschen Bewusstheit vermeiden. Erwidern könnte man, dass sie dann eben dieses Vermeiden auch wollen. Ich sehe dieses Verhalten natürlich auch, nicht zuletzt leider immer noch oft genug bei mir selbst. Die Verantwortung für das daraus resultierende Verhalten trage ich dann, weil ich weiß, dass ich in dem jeweiligen Moment die (meist blödsinnige) Aktion (Alkohol trinken etc.) auch durchführen wollte. Wenn du die Fähigkeit allerdings ablehnst, ist es folgerichtig, Manipulation als möglich zu sehen. Dann besteht auch die Möglichkeit, jemandem die Menschlichkeit abzusprechen. In meiner Argumentation müssen sie mit der “Bürde” der Fähigkeit und damit der Menschlichkeit leben. Möglicherweise bin ich hier mit ihnen anspruchsvoller/härter als du.

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    • donnerundpflicht

      @A: Das mag sein, dass ich im Falle des Anlügens nicht den Willen des Gegenübers ausschalte. Doch, wenn ich als Autohändler lüge, trifft der Kunde Entscheidungen auf Basis von Falschinformationen. Wenn der Kunde auf ein Auto angewiesen ist, ist seine Fähigkeit sich Informationen einzuholen begrenzt. Schließlich muss er irgendwann das Auto kaufen. Viel konkreter ein klassisches Flirtbeispiel. Wenn ich behaupte, ich würde eine Beziehung wollen und der gegenüber aufgrund dessen Sex mit mir hat, mag die Person irgendwie ihrem Willen entsprochen, aber wo die Möglichkeit sich weitere Informationen einzuholen? Auf das Eheversprechen warten?

      Folter ist ein einfaches Beispiel für Verhörmethoden.

      Die Fähigkeit heißt nicht, dass es keine unüberwindlichen Barrieren gibt. Wenn du am Abgrund hängst, bist du auch in der Lage zu laufen. In der Situation dir aber zu erklären, dass du Laufen kannst, ist unangemessen. Genauso ist es unangemessen, einem Menschen zu unterstellen, dass er doch bitte rational sein soll, während er gerade von Pheromonen und Endorphinen überflutet wird um dem fundamentalsten evolutionären Imperativ gerecht zu werden.

      Ich muss die Fähigkeit nicht absprechen um von Manipulation zu sprechen, weil Fähigkeiten eben auch ihre Grenzen haben.

      Dein Anspruch ist der Sache nicht angemessen, weil du eine totale Fähigkeit unterstellst, und gleichzeitig den affektuellen Anteil einer Menschlichkeit aufgibst. Damit bist du aber eben nicht bei Menschlichkeit sondern reiner Rationalität.

  4. Mitleser

    Gelungener Post. Besonders die Verwendung des Spielbegriffs finde ich sehr passend. Denkst du hier auch an Wittgenstein (Sprachspiele), oder ist das Zufall? Als den zentralen Gedanken in diesem Post fasse ich das explizite Beenden des Spiels auf. D.h. das Spiel wird nicht zu Ende gespielt (was immer danach kommen mag), sondern abgebrochen. Ich habe auch selber die Erfahrung gemacht, dass Frauen das Spiel, den Flirt oft nicht abbrechen; sie versuchen es teilweise verbal, aber dabei Lächeln sie oder machen Ähnliches. Als Mann denkt man dann, das gehört dazu, ist Teil des Spiels, usw. Das macht es oft für beide Seiten schwer, den Flirt einfach abzubrechen.

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    • donnerundpflicht

      Ein möglicher Bezug zu Wittgenstein wäre Zufall. Ich denke eher an Flirtratgeber, Pickup-Artists und Ähnliches.

      Dass es schwer ist, liegt nicht zuletzt auch daran, dass es um das biologische Erbe geht. Schließlich nutzen wir Verhaltensweisen, die dafür geschaffen wurden uns Sexualpartner zu verschaffen. Solange man keinen tödlichen Hunger und/oder Durst leidet, die größte Versuchung. Deswegen ist hier tugendhaftes Handeln besonders gefordert.

      Daher auch mein Verweis auf die enormen Kosten für die Frauen. Wir Männer gehen im Allgemeinen eher unbeschadet aus solchen Situationen raus.

  5. A

    Du bestätigst mich im ersten Absatz. Wenn die Person “irgendwie ihrem Willen entsprochen” hat, hat sie ihrem Willen (auch) entsprochen, oder? Ich verstehe aber, was du meinst: Es gibt Situationen, in denen keine Informationen eingeholt werden können. Grds. gäbe es in deinem Beispiel Möglichkeiten, jeweils abhängig von der speziellen Situation, zB abwarten, die Person besser kennen lernen, ihre Glaubwürdigkeit besser einschätzen lernen etc. Dies tun jedoch nur Wenige, weil sie auf die Redlichkeit des anderen vertrauen. Man stellt also fest: Es ist ein Vertrauensverhältnis erforderlich, in der Weise, dass man anderen nicht grundsätzlich misstraut, sondern erstmal von ihrer Redlichkeit ausgeht (hierin ist aber auch eine Entscheidung erkennbar). Hier muss ich zugeben, dass eine Manipulation möglich ist, wenn der Manipulierende die sozialen Regeln innerhalb des Vertrauensverhältnisses nicht anerkennt/befolgt. Ich sehe aber deine unüberwindliche Barriere nicht, denn es bleibt möglich, sich dafür zu entscheiden, dem anderen nicht zu vertrauen.

    Willst du ernsthaft behaupten, dass eine Menge Pheromone und Endorphine in der Flirtsituation eine unüberwindliche Barriere für die Fähigkeit, rational und willentlich zu entscheiden, sind? Wir also ab einem bestimmten Punkt nicht mehr verantwortlich sind?

    Foltermethoden fallen gemäß Definition raus, denn sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach von der zu manipulierenden Person wahrgenommen.

    Ist Rationalität nicht auch Teil der Menschlichkeit? Ich behaupte nicht, dass affektive Zustände nicht kognitive Ergebnisse beeinflussen, aber dies ist für Menschen erkennbar und damit können sie vernünftig umgehen.

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  6. unkraut

    Mal von weiblicher Seite eine Sichtweise.

    Also zum einen find ich den Beitrag insgesamt gut, weil es die “männliche” Sicht erklärt. Man kann es sicher nicht wirklich verallgemeinern auf männlich und weiblich, aber ich glaube durchaus dass Männer etwas ander sozialisiert werden (bzw andere Bedürfnisse haben) als Frauen und dass sie deshalb auch lernen anders zu spielen als Frauen meist.

    So als Beispiel: Wenn Jungs miteinander raufen, dann werden sie hinterher häufig die besten Freunde. Wenn Mädels “raufen”, dann ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass sie danach beste Freundinnen werden. (Mag sein dass es beim einzelnen Individuum wieder anders ist). Frauenfreundschaften basieren häufig mehr auf Konsens, Gemeinsamkeiten und weniger “Hierarchie”. (Zumindestens die “echten” Freundschaften). Ich meine dass Männer eher dazu neigen auch innerhalb von Freundschaften immer wieder den Wettkampf zu suchen.

    Deswegen denke ich, dass Männer tendenziell viel schneller eine Situation als Spiel begreifen, weil sie es ja bereits ihr ganzes Leben lang innerhalb ihrer Freundschaften trainiert haben. Frauen sind das häufig einfach nicht gewohnt. Ich glaube viele Frauen haben schon als Kind häufig nicht kapiert, dass ein Junge der raufen möchte manchmal blos einen spielerischen Wettkampf sucht, was eine Form von Zuneigung und nicht Abneigung ist.

    Gut, die eine mehr, die andere weniger. Vielleicht haben Frauen deswegen häufig eher das GEfühl, dass man intuitiv merken soll, wann der “Ernst” beginnt, weil er bei Frauen früher beginnt, weil sie ihr Leben lang eher gelernt haben auf diese Weise empathisch zu sein.

    Ich glaube das eigentliche Problem ist nicht, dass Frauen schwach oder feige sind, und deswegen Defensiv handeln. Es ist einfach so, dass die meisten für den Fall der “Eskalation” keinen Plan B haben, weil sie das spielerische Kämpfen häufig nicht so perfektioniert haben. Also ist das eigentlich Problem das Missverständnis zwischen den beiden Geschlechtern. Von dem Standpunkt ist es natürlich hilfreich Frauen zu sagen, wie sie in so einer Situation konstruktiv reagieren können, um nicht missverständlich zu sein. Stark und klar zu sein ist die eine Sache, den eigenen (weiblichen) Standpunkt zu vertreten die andere. Die “weibliche Variante” ist nicht schlechter, sie ist nur in der Situation missverständlich. Man könnte manchen Männern ebenso nahelegen, dass sie die weibliche Sicht auf das Problem verstehen lernen, statt von einer Frau “eher männertypisches” Verhalten zu erwarten. Ich mein einfach, beide Geschlechter müssen aufeinander zugehen.

    (Jetzt mal die ganze Definition von Begriffen wie “männlich” und “weiblich” ausgeklammert, mir ist bewusst dass sie sehr schwammig sind)

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    • donnerundpflicht

      Entschuldige die späte Antwort. Ich bin momentan etwas zergliedert.

      Das Missverstehen ist gerade mein Vorwurf. Der Knackpunkt der Situation ist es, dass für Männer im allgemeinen sowohl Ablehnung als auch Zuneigung nur schwer voneinander zu unterscheiden ist. In dieser Konstellation des Flirtens (gibt ja auch andere) ist der Mann sehr klar in seinen Absichten für die Frau. Umgekehrt gilt das nicht.

      Nun kommt das eigentliche Paradigma der Entscheidungsphilosophie (mein Begriff). Als Frau muss man sich in dieser Situation eben zwischen Klarheit und Unklarheit entscheiden. Mit diesem Beitrag versuche ich das Kommunikationsproblem zu umreißen, damit man als Frau (und Leserin) die Möglichkeit hat sich in diesem Wissen zu entscheiden. Ich beurteile nicht in besser oder schlechter. Ich sage nur, dass man als Frau in dieser Situation entweder die Karten auf den Tisch legt oder eben mit den Konsequenzen unerwünschter Annmachen leben muss. Ich als Frau wäre nicht bereit diese Konsequenzen zu tragen. So obliegt es meiner Verantwortung, wie ich diese Situation mitgestalte oder mich eben passiv gemäß meiner sozialen Konditionierung verhalte.

    • donnerundpflicht

      Danke für deinen Beitrag. Entschuldige bitte die späte Antwort.

      Ich greife mal den für mich zentralen Satz heraus:

      Stark und klar zu sein ist die eine Sache, den eigenen (weiblichen) Standpunkt zu vertreten die andere. Die “weibliche Variante” ist nicht schlechter, sie ist nur in der Situation missverständlich.

      Genau hier sehe ich ein Problem.

      1. Klar und stark zu sein, darf keine andere Sache sein als den eigenen Standpunkt zu vertreten. Wenn der eigene Standpunkt nicht klar und stark vertreten wird, wird er schwach und unklar vertreten. Wenn man hier Klarheit keinen Wert beimisst, ist man selbst für die Konsequenzen der Unklarheit verantwortlich. Das heißt, dass man als Frau solange für die unangenehme Situation verantwortlich ist. Wenn man als Frau in so einer Situation für Klarheit sorgt, dann hängt alles davon ab, ob der Mann dann eben wirklich ein Schwein ist.

      2. Missverständlich ist schlecht. Das liegt hier aber nicht daran, dass es ein Mann-Frau-Konflikt ist. Das liegt an asymmetrischer Informationsverteilung. Das ist ein wichtiges Problem der Spieltheorie (unvollständige Information als Erweiterung der klassischen Spieltheorie).

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