Die klassische und oft belächelte Frage nach dem Sinn des Lebens ist trotz ihres schlechten Rufs eine zentrale Frage in unser aller Leben. Wenn Moral die Antwort auf die Frage “Was soll ich tun?” liefern soll, dann erhält man durch die Frage nach dem Lebenssinn ein grundsätzliches Ziel, an welchem man seine Handlungen orientieren kann. Diesem Zweck sollten die Handlungen dann dienen, wenn man diesen Sinn gefunden hat. Ob und welchen man finden kann, will ich mit den nächsten Zeilen herausfinden.
Hier schließt sich dann die Begriffsfindung an. Was soll dieser Sinn überhaupt sein? Nachfolgend will den letzten Zweck, der allen Handlungen schlussendlich eine Richtung geben soll, Sinn des Lebens oder synonym Lebenssinn verstehen.
Das Leben ist begrenzt durch den Tod. Diesem kann man nun Bedeutung beimessen oder nicht. Wenn man in seinem Leben mehr Dinge machen will, als seine aktuellen Bedürfnisse zu stillen, dann muss man diesem Sachverhalt Bedeutung für sein Handeln beimessen. Wenn man es nicht tut, ist man schneller tot, als man die Zwecke realisiert, die man sich gesetzt hat.
Ich sehe nun grundsätzlich zwei Dinge, die als Kriterium für eine Setzung eines letzten Zwecks in Frage kommen:
- Das Glücksparadigma: Alles, was das Glück erhöht, ist gut.
- Das Vervollkommnungsparadigma: Alles, was mich zu einem besseren Selbst macht, ist gut.
Ich spreche mich stark für Zweiteres aus, denn der erste Punkt ist sehr angreifbar, weil er in Konflikt mit anderen Werten kommt:
Wenn ich mich als Mensch beweisen will, muss ich ich zeigen, dass ich kein Tier bin. Dass sollte man immer dann tun, wenn man sich der Rechte eines Menschen versichern will. Für Rechte muss man sich qualifizieren, man muss die Kriterien ihrer Zuweisung erfüllen. Entscheidet man sich nun für das Glücksparadigma, macht man genau das, was das Konzept des Tieres erfüllt. Man reduziert sich auf seine Instinkte und es zählen einzig Fressen, Saufen, Schlafen und Ficken. Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, entscheidet hier auch, ob man sich der Rechte als Mensch qualifiziert.
Selbstverständlich kann man sublimieren und sein Glücksempfinden über soziale Anerkennung usw. erhalten. Doch gegen diesen indirekten Weg spricht, dass er nicht nur unökonomisch, sondern auch inkonsequent ist. Wenn alles gut ist, was Glücksempfindungen hervorruft, dann sind Dinge, die die Zugänglichkeit zu diesen Empfindungen einschränken, schlecht. Es ist mit Sicherheit leichter einen Hamburger zu essen als sich als besonders fürsorgliche Krankenschwester hervorzutun. Außerdem ist die Lebensmitteltechnologie zuverlässiger als die Dankbarkeitsäußerungen der Patienten. Die sind manchmal auch einfach undankbar, während man die Standardisierungsbemühungen der Fastfoodketten als erfolgreich bezeichnen kann.
Führt man die Orientierung dieses Paradigmas auf die Spitze, sind sogar die Grundbedürfnisse zu stillen ein Weg zweiter Klasse sein Leben zu bestreiten. Schon einige Jahrzehnte zuvor hat man in Experimenten mit Ratten die Glückszentren elektronisch stimuliert. Es ist unser Gehirn, das wir als Mittel verwenden können Glück zu empfinden.
Entscheidet man sich konsequent für das Glücksparadigma, ist es die moralischste Lösung sich einen Chip ins Hirn zu pflanzen und auf den Schalter “Glück” zu drücken. Von hier aus ist es nur noch eine formale Frage, ob man sein Glück maximieren sollte und sterben oder ob man das Glück maximal verlängern sollte, so dass ein Glücksintegral über das Leben maximiert wird.
Das Glücksparadigma scheidet unter den obigen Voraussetzungen aus. Wenden wir uns nun dem Vervollkommnungsparadigma zu:
Der Begriff Vervollkommnung meint im moralischen Sinne grundsätzlich Selbstvervollkommnung. Dieses Selbst soll der vollkommenen Form angenähert werden. Die vollkommene Form des Selbst ist die Form, bei welcher das zur höchstmöglichen Ausprägung gebracht ist, was im Selbst angelegt ist.
Das ist eine Leerformel. Die Richtung ist nicht vorgegeben, weil nicht näher bestimmt ist, was überhaupt in Anlage zu finden ist. Das heißt, man kann aus dieser Formulierung nicht ableiten, was vollkommenes Selbst sein soll.
In der Anleitung zum Blog will ich eben gerade dies nicht bieten. Deswegen sollte spätestens an dieser Stelle klar sein, dass es nicht um den Sinn des Lebens geht, sondern welchen Sinn man sich selbst gibt, in dem man seinem Leben einen Zweck gibt. Einige Dinge schließen sich qua notwendigem Widerspruch aus, aber jeder muss selbst entscheiden, was die grundlegenden Werte sind. Man kann sich auch gegen seine Menschlichkeit entscheiden. Man muss eben bereit sein auch die Rechte eines Menschen aufzugeben. Beides zusammen geht nicht. Das zu verstehen, ist der Prozess der Heilung von einer moralischen Störung.
Tiere, die sich trotzdem für dieses Thema interessieren, sind selbstverständlich weiter eingeladen. Ich hoffe euch davon zu überzeugen, dass es im Leben nicht darum gehen sollte, lediglich die glücklichste Version seiner Selbst zu werden. Ich denke, dass man das nicht bis in die letzte Konsequenz hinein verfolgen kann.
Denjenigen, die sich für das Vervollkommnungsparadigma entschieden haben: Keine Sorge. Es gibt genug Gründe dafür, dass man glücklich sein soll, weil glücklich sein in vielen Fällen zu einem vollkommenerem Selbst führt. Es ist nur so, dass man nicht immer das Essen kann, wozu einen die Nahrungsmittelindustrie manipulieren will und man kann nicht immer einen leichten Weg wählen.
In den nächsten Posts will ich dieses Thema weiter ausarbeiten. Damit ist eine weitere Ankündigung verknüpft. Der Blog hat sich in der kurzen Zeit ein wenig weiterentwickelt. Zunächst wollte ich auch meinen ästhetischen Neigungen, was Sprache angeht, entsprechen. Entgegen der Kritik diesbezüglich wird es mit Sicherheit Posts geben, in welchen ich von überformter Sprache gebraucht mache. Ein Beispiel dafür ist “Schäme dich, Weib!“. Das Vorhaben, aus Donner & Pflicht das Sprachrohr einer fiktiven Person zu machen, stelle ich aber ein. Es wird meine Kanzel sein. Auch wenn demnächst der Fokus auf der Selbstvervollkommnung als Lebensparadigma liegen wird, überlege ich, ob ich mich als Person vorstelle. Sicher bin ich mir dabei noch nicht und es kann vielleicht für immer ausbleiben.
Nach wie vor sehe ich den Zweck dieses Blogs am Ende eine Anleitung zum guten Leben zu erhalten. Vormals ging es nur um moralische Fragen. Es ging um das “was” des Sollens. Es ist wahrscheinlich, dass ich einige Ideen zur Umsetzung der Zwecke hier zur Verfügung stellen werde. In meinem echten Leben erlebe ich es oft, dass Menschen zwar überzeugt von der Richtigkeit einer Sache sind, aber an der Auswahl der Mittel scheitern. Dem will ich Rechnung tragen.
Ich bin mir nicht sicher, wann ich diesen Post veröffentlichen werde, aber der Entwurf für einen Ratschlag zum Vermeiden kleiner Übergriffe im Alltag als Kommunikationstechnik liegt in meinem Archiv. Eine gute Freundin hat mich zu diesem Post inspiriert. Das wäre ein Beispiel für die “Wie”-Seite der Moral. Also wird dies nicht nur eine Präsentation verschiedener Zwecke sein. Es werden sich auch einige Mittel hier versammelt finden lassen.
Als nächstes werde ich dafür argumentieren, dass Vervollkommnung keine Suche nach einem Mittelmaß sein kann. Bis dahin.