Ein Beispiel sexueller Unsicherheit

TO THE GUYS SENDING ME EXPLICIT MESSAGES: MY SEXUAL LIBERATION IS NOT FOR MALE CONSUMPTION

In diesem Artikel setzt sich eine Sexualtherapeutin damit auseinander, dass ihr zum ersten Mal das Bild eines erigierten Penis geschickt wurde.

Ich halte diesen Beitrag für sein wertvoll und einsichtig. Er ist offen und klar geschrieben, weshalb er einen sehr intimen Einblick in das Denken gibt. Die Frage, mit welcher wir uns beschäftigen ist: Fühlt sich diese Frau sexuell und als Person sicher? Es ist die Frage nach Selbstsicherheit.

Ich möchte diese Analyse lediglich als Fallbeispiel und Ausgangspunkt späterer Überlegungen verwenden. Dies ist keine Kritik oder Angriff auf die Dame, welche diesen Artikel geschrieben hat. Vielmehr nutzen wir diesen Artikel als Geschenk, uns mit unserer eigenen Selbstsicherheit auseinanderzusetzen.

Ich erinnere an das Dogma von Donner und Pflicht: Das Ziel ist die Selbstvervollkommnung. Diese Überlegungen sind also nur sinnvoll, wenn sie darauf ausgerichtet sind etwas zu lernen. Hier möchte ich zu einem besseren Verständnis beitragen, wie Selbstsicherheit funktioniert. Dass es hier um Sexualität geht, ist nur eine Nebensache. Selbstsicherheit ist unser Thema und manifestiert sich hier in Sexualität.

Nun zur Analyse:

Zunächst ist sie amüsiert, schreibt sie. Sie lachte laut und später schreibt sie davon, dass von einem Lachanfall (“giggle fit”) ihre Wangen wehtaten. Das klingt zunächst souverän, doch stellt sie sich in dem Moment allerdings diese Frage:

Did this guy really think I’d get aroused by seeing that ugly thing?

Im ersten Augenblick scheint diese Frage beim näheren Hinsehen unauffällig, sollten wir allerdings bemerken, dass der Bezug sofort ein Sexueller ist.

Die Frage ist nicht offen gestellt, wie etwa: “Was bezweckt der Mensch eigentlich damit?”

Ist es nicht auch denkbar, dass ihr eine Frau einfach ein Bild schicken wollte, um irgendeine Reaktion hervorzurufen? Vielleicht als Streich? Eine weitere Möglichkeit wäre es, dass die Intention des Absenders gar nicht war sie zu erregen, sondern sie einfach nur zu trollen.1

Ihre Frage ist nicht abwegig, aber dennoch auffällig auf Sexualität ausgerichtet. Es ist eine rhetorische Entscheidungsfrage, was bedeutet, dass sie sich selbst auf die sexuelle Interpretation festlegt. Wir können dies als schwaches Indiz dafür nehmen, dass sie sexuell unsicher ist. Einem Angriff unterstellen wir eher die Richtung eines empfindlichen Punktes.2

Sie teilt dies natürlich ihren Freundinnen mit. Dabei versucht sie mit folgendem Nachsatz ihren Freundinnen zu bedeuten, dass sie dieses Ereignis nicht bekümmert.

I can’t believe how ugly it is.

Dass dies ein Angriff ist, ob nun berechtigt oder nicht, ist einleuchtend. In einem sozialen Kontext, ihren Freundinnen, erklärt sie, dass der Penis eines Mannes hässlich ist. Wenn wir diesen Zusammenhang isoliert betrachten, scheint es eher wie eine Lästerei zu wirken. Diese Empfindung teilen wahrscheinlich die Wenigsten von uns im Kontext (mich mit eingeschlossen), weil wir denken, dass der besagte Mann es verdient hat.

Nichtsdestotrotz ist dieser Angriff wiederum ein Hinweis auf Unsicherheit. Ein Bedürfnis, einen Gegenüber schlecht zu machen, haben wir immer dann, wenn wir uns selbst unseres Wertes versichern wollen. Ein Mensch, der sich seines Wertes sicher ist, braucht dieses Kompensationsverhalten nicht.

Ihre Freundinnen haben entsprechend reagiert. Sie haben ihr Ärger und Empörung mitgeteilt.

Als Reaktion darauf ändert sich die Stimmung der Autorin:

But as minutes ticked by, and with the help of the sparks of rage within the fiery comments of my friends, violation began to creep up from underneath the humor. I started to feel angry, disturbed, disgusted. (Meine Hervorhebung)

Sie nimmt die Emotionen ihrer Freundinnen auf. Hier wird uns Groupthink vorgeführt. Allerdings scheinen ihre anfänglichen Gefühle eher gemischter Natur zu sein: Sie scheint verunsichert, aber übertünchte ihre Gefühle durch eine aggressive Form von Humor. Wechselhafte Launen und Stimmungen sind Anzeichen von instabilen, von unsicheren Menschen.

The unsolicited dick pic went from hilarious to frightening in less than ten minutes.

Nun kommen wir zu einem Denkfehler:

Because when I choose to express myself as a sexually liberated woman, they see that as an invitation to take up space in my sexual expression.

So wie sie dies schreibt, klingt es natürlich sehr dramatisch und das Verhalten ablehnungswürdig. Überlegen wir uns jedoch folgende Situation:

Eine Frau genießt einen warmen Sommermorgen in der Stadt und schmökert in der Auslage eines kleinen Antiquitätenladens in einem Buch. Sie ist vertieft und schenkt dem Mann neben ihr keine Aufmerksamkeit. Er ist begeistert von ihr und verliert sich in ihrem Anblick.

Nach einigen Minuten nimmt er seinen ganzen Mut zusammen, schiebt die Furcht vor Ablehnung in einen abgelegenen Teil seines Bewusstseins und spricht sie an: “Entschuldige. Ich störe dich ungern bei der Lektüre, aber ich möchte dich kennenlernen. Ich versuche schon seit ein paar Minuten, mein Starren zu verbergen. Darf ich dich zu einem Tee einladen? Ich würde dich gerne kennenlernen.”

Ist das männliche Aggression? Wohl kaum. Und doch gibt es hier deutliche Gemeinsamkeiten:

  1. Beide Frauen setzen sich der Möglichkeit aus, dass man Kontakt zu ihnen aufnimmt.
  2. Beide haben nicht die Wahl, sich auszusuchen, ob sie kontaktiert werden.

Ich teile die übliche Intuition, dass das Penisbild unangemessen ist, während die ausgedachte Situation am Bücherladen völlig in Ordnung ist.

Doch haben wir hier das Problem, dass es nicht um die Sache geht, welche sie im obigen Zitat geschrieben hat. Es geht um die Art und Weise dieser Verwendung von Macht. In beiden Fällen hat die Frau keine Wahl und der Mann hat jede Möglichkeit, seinen Entschluss gegen den Willen der Frau durchzusetzen.

Sie vermischt hier die Art einer Handlung mit der Kategorie einer Handlung.

Nun beginnt es sie immer härter zu schreiben.

My sexual liberation is not for male consumption. I’m not doing this for you. I’m not doing this for your gaze or for your pleasure. This is not for you.

Wir dürfen davon ausgehen, dass sie sich bewusst ist, dass sie sich durch ihre Homepage in einen öffentlichen Raum begibt. Das heißt, dass jeder Mensch mit einem Internetzugang Zugang zu ihrer Seite und auch zu ihren Kontaktdaten hat.

Dass ihre Intention nicht die Kontaktanzeige ist, wird aus der Seite überaus deutlich. Doch ist es so überraschend, dass ihre Intention in den Weiten des Internets keine Relevanz für das Handeln anderer hat?

Ich habe ebenfalls eine Homepage und Kontaktdaten sind auch hinterlegt. Ich denke nicht, dass ich irgendwo angedeutet habe, dass ich Werbung für Penispumpen, -verlängerungen, -massage, Finanzbetrug oder das neuste Nahrungsergänzungsmittel haben möchte. Doch wie durch Zauberhand flattert diese immer mal wieder per Email in mein Postfach.

Bisher habe ich noch keinen Beitrag darüber verfasst, wie sehr ich mich durch diese Werbung belästigt fühle, dass ich dies als Angriff auf meine Privatsphäre sehe und eine Aufruf formuliert, dass meine geschäftliche Homepage keine Einladung ist, meine Kontaktdaten zu missbrauchen.

Doch es passiert und jeder mündige Internetnutzer weiß, dass dies passiert. Doch anstatt eine solche Email als Spam abzutun, setzt sich diese Dame in ein persönliches Verhältnis zu dem Absender.

Das ist eine Form von Egozentrismus. Eine nicht-egozentrische Sichtweise wäre es, anzunehmen, dass diese Emails nichts mit ihr als Person zu tun hat, sondern vielmehr das Ausagieren einer anderen Person ist, zu deren Ziel sie zufällig geworden ist.

Es geht hier nicht um sie. Das Handeln ist vielmehr sein persönlicher Egotrip. Doch sie macht es zu einer Sache, die um sie geht. Damit zeigt sie ihren eigenen Egozentrismus. Dieser scheint mir, in Anbetracht ihrer Darstellung, ganz und gar unreflektiert zu sein.

Es geht hier aber nicht um die Bewertung ihrer Haltung. Sie ist nicht falsch oder richtig. Vielmehr ist sie nicht produktiv und eine nichtegozentrische Haltung wäre ihrem Wohlergehen viel gemäßer. Sie hätte die Möglichkeit, dies einfach abzutun und in wenigen Augenblicken zu vergessen.

Doch sie bleibt diesem Vorfall durch ihre Egozentrik verhaftet, sodass sie die negative Konsequenz erleiden kann.

Im nächsten Zitat findet sich ein ganz zentrales Moment von Unsicherheit und Selbstunterwanderung wieder:

I want you to know the kind of damage you do when you take up space in women’s sexuality, the kind of derailment that takes place inside of us when you foist yourself into places, experiences, bodies, that are not yours. It causes us to close ourselves up to our erotic nature. It causes us to question whether we should take up space with our sexual energy. It causes us to dampen our desires because you make us feel unsafe to express them.

Sie macht hier sich und die Frauen als Stellvertreter für sich zu Objekten. In dieser Verwendung sind die Frauen die Objekte und Männer, wie der Absender des Penisbilds, die Subjekte. Sie wiederholt hier die Verobjektivierung, welche sie den Männern vorwirft. Mit anderen Worten: Sie räumt den Männern die Macht ein, die sie als Ursache ihres Problem sieht.

Ein möglicher Ausweg wäre zu schreiben: Dein Verhalten prallt an mir ab. Es ist nicht relevant für mich und mein Leben.3 Das wäre natürlich gelogen. Wäre es nicht relevant, würde sie dies auch nicht mitteilen.

Ich zitiere meinen Vater:

Was kümmert es die Eiche, wenn die Sau sich dran schubbert?

Eine wirklich selbstsichere Person würde diesen Vorfall keiner Aufmerksamkeit für sich würdigen. Sie würde höchstens diese Haltung als Empfehlung anderen Menschen mitteilen. Anstelle dessen zeigt sie durch diese Empörung, dass der Mann eine emotionale Reaktion erreicht hat. Da es sich um ein internetrelevantes Thema handelt, zitiere ich:

Don’t feed the troll.

Füttere nicht den Troll.

Auf Menschen, die eine Reaktion produzieren wollen, reagiert man nicht, damit sie nicht den Lohn für ihr Handeln erhalten. Doch das geht nur, wenn man so selbstsicher ist, dass dieses Verhalten ohne Mühe ignoriert werden kann. Sie zeigt hier wieder Verunsicherung.

Sie schreibt immerhin, dass sie sich von ihm nicht unterbuttern lässt:

I will not allow you to shrink me or my sexual expression because of your sexual dominance.  I will not choose flowery words or euphemisms so that my proclamations won’t flag your interest. I will not talk quieter. I will not second-guess myself.

Ich sehe hinter dieser Wut nichts weiter als Verunsicherung. Ein Mann (oder Jugendlicher) versucht eine Reaktion bei ihr zu erzeugen und hat dies auch geschafft.

Eine wirklich sichere Frau würde gar nicht die Möglichkeit für sich sehen, wie eine solche Email ein Angriff auf ihren (sexuellen) Selbstwert sein könnte. Sie würde das Verhalten nicht auf sich beziehen, sondern frei von Egozentrismus dies lediglich als Hinweis auf den Charakter des Absenders verstehen. Ich wiederhole:

Was kümmert es die Eiche, wenn die Sau sich dran schubbert?

Sie schließt diesen Artikel leider sehr schwach ab:

Not in my house, asshole.

Doch. Er eben das erreicht, was er erreichen wollte. Er hat sie aus der Fassung gebracht. In ihrem Haus (Blog).

Was können wir für unsere eigene Vervollkommnung aus diesem Beispiel ziehen:

  • Selbstsicherheit zeigt sich nicht durch Reaktion auf Ereignisse, sondern vielmehr durch einen Mangel an Reaktion auf solche Ereignisse.
  • Egozentrismus kann zu Problemen führen und eröffnet die Möglichkeit für Selbstunterwanderung. Das macht Egozentrismus in dieser Form zu einem Laster.
  • Wenn dies eine typische Reaktion einer Frau ist, die ihren Raum für sich beansprucht, sind Frauen in unserem Kulturraum nach wie vor in einer schwachen Position. Das ist sowohl für Männer als auch Frauen eine zu berücksichtigende Eigenschaft unserer Kultur.


  1. “Trollen” ist ein Ausdruck, der eine im Onlineslang eine bestimmte Form des Nervens und Ärgerns bezeichnet. 

  2. Wir können dies im Alltag beobachten. Wenn sich Menschen angegriffen fühlen, missinterpretierten sie Gesagtes häufig, sodass sie konstruieren, ihr wunder Punkt sei getroffen. Dahinter versteckt sich übrigens ein starker Egozentrismus. 

  3. Durch das Englische ist mir nicht ganz klar, ob sie jetzt von ihm oder Männern wie ihn spricht. Eigentlich geht es ja nur um ihn und sie spricht erstmal nicht vom Plural. Allerdings spricht sie auch von “us”. Ich vermute eine problematische Denkfigur, welche ihn als Subjekt und die Frauen als Stellvertreter für sie selbst verwendet. 

Pornos als Chance für die moderne Liebe

Pornos verhalten sich zu Sex, wie sich Fastfood zu echter Nahrung verhält. Beide übersteuern das Gehirn derart, dass wir es mit Dingen zu tun haben, welche enormes Suchtpotential haben. Daher finden wir bei Scans von Gehirnen ähnliche Veränderungen bei Drogensüchtigen, Übergewichtigen und Pornosüchtigen.

Pornos sind für die romantische Liebe eine ebenso große Herausforderung wie Fastfood für eine gute Ernährung. Kaum ein Menschen wird bestreiten, dass Pornos und Pizza eine schlechtere Wahl sind, als viel frisches Gemüse und Fisch bei Kerzenschein mit der geliebten Person.

Doch können wir so vorschnell sein und Pornographie als negatives Element der Moderne verurteilen? Dazu müssen wir uns die moderne Liebe ansehen, also Liebe, welche in unserer modernen Kultur stattfindet.

Pornographie ist nicht das einzige Vehikel, womit sich Sexualität in unser Leben drängt. Werbung ist sexualisiert. Während wir früher als Jäger und Sammler die immer gleichen Frauen sahen, sehen wir heute immer wieder neue per Bildbearbeitungsprogramm optimierte Frauen. Das gaukelt dem Gehirn eine enorme Auswahl vor. Doch diese Auswahl ist nicht einmal ein Fehlschluss. Riesige Städte, Discos und Clubs, Partnerbörsen und Social Media, noch nie hatten wir eine so große Auswahl von Partnern wie heute.

In einem nomadisch lebenden Clan im Dschungel oder auch in einem kleinen Dorf ist es möglich eine Partnerwahl zu treffen und nie wieder mit einer Überprüfung der Wahl konfrontiert zu werden. Wenn man die Dorfschönheit geheiratet hat, dann hat man die schönste Frau geheiratet. Hat man den stärksten Kämpfer für sich erobert, dann hat man den Helden seiner Generation zum Mann.

Das moderne Leben ist Risiko und Chance zugleich. Während man riskiert niemals glücklich in einer stabilen Partnerschaft zu leben, kann man jedoch eine schlechte Wahl viel problemloser revidieren und kann aus einem viel größeren Pool von Möglichkeiten schöpfen. Sexualität spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle zur Stabilisierung von Partnerschaft. Doch wenn Discos, das moderne Partyleben und die sozialen Netzwerke immer wieder neue Partner in Aussicht stellen, ist der Reiz des Neuen groß und die Partnerschaft in dauernder Gefahr. Darauf kann man entweder mit Entwertung der Partnerschaft oder mit erhöhter Eifersucht reagieren.

Doch wenn Sexualität kein knappes Gut mehr ist, dann ergibt sich daraus die Möglichkeit sich aus anderen Gründen für eine Partnerschaft zu entscheiden. Wenn es keine sexuelle Knappheit und damit auch keine sexuelle Abhängigkeit gibt, dann ist die Beschränkung der Sexualität auf einen Partner eine besondere Leistung. Wenn es kein Fastfood gäbe, sondern nur gesunde Nahrung, wäre gesunde Ernährung ebenfalls keine besondere Leistung.

Erst durch die Möglichkeit des Scheiterns kann sich Tugend überhaupt zeigen. Tugenden sind diejenigen Charaktereigenschaften, die es einem Selbst wahrscheinlicher machen Widerstände zu überwinden. Widerstände sind diejenigen Sachverhalte in der Welt, die die Vervollkommnung des Selbst einschränken oder verhindern.

Wenn die Liebe als höchste Form der Intimität zu einem vollkommenen Leben dazugehört, sind Pornos und die hochgradig sexualisierte Gesellschaft der Moderne die Möglichkeit, sich als Liebender zu beweisen.

Ein Problem ergibt sich in Moderne immer dann, wenn man sich mit dieser Herausforderung nicht auseinandersetzt.

Wer sich nicht in sexueller Freiheit wähnt, wird sich in eine sexuelle Abhängigkeit begeben. Weil die Sexualisierung der Gesellschaft den modernen Wert von Sex nicht für denjenigen relativieren konnte, spielt Sex und körperliche Anziehung eine riesige Rolle. Andere Aspekte von Partnerschaft, wie etwa ein gemeinsames Verständnis von Moral, können nicht den gleichen Stellenwert annehmen. So kann es durchaus sein, dass man unglaublich viel in einer Partnerschaft in Kauf nimmt, weil Sexualität in seinem unmodernen Wert diese Probleme aufwiegt. Als Partner in einer solchen Beziehung fragt man sich dann, warum man eigentlich mit der Person zusammen ist. Es scheint eine unerklärliche Bindung zu bestehen, welche aufzulösen sehr schwierig ist, obwohl vielleicht alle anderen Bereiche einen offensichtlich schädlichen Einfluss haben.

Dies gilt freilich nicht nur für Sexualität als stabilisierendes Element, sondern für jede Abhängigkeit und äußere Unfreiheit in einer Beziehung.

Wer allerdings glaubt, dass Partnerschaft für ein gutes Leben unwichtig ist, verliert alle positiven Elemente einer Partnerschaft, insbesondere der romantischen Liebe. Liebe als höchste Form von Intimität erlaubt es einem, als ganzer Menschen ohne Vorbehalte einfach nur zu sein. Es ist ein großes Bedürfnis eines Menschen, als derjenige erkannt zu werden, der man wirklich ist. Das ist nur in ganz besonders intimen Bindungen möglich, denn ist eine Beziehung nicht intim, spielt der Mensch nicht als Ganzes eine Rolle. Das ist eines der Konsequenzen aus dem Bedarf von sozialen Rollen. Als Vater spielt die Sexualität keine Rolle, als Geschäftspartner ist man kein Freund, als Freund ist man kein Liebhaber.

Dieses Einssein kann man freilich auch in Form von Meditation, wenigstens dem Anspruch nach, erleben. Das ist das Ziel des Buddhismus, doch auch hier fehlt etwas, dass nur in einer intimen Beziehung zu einem anderen Menschen möglich ist: Das Einssein in den Augen eines anderen.

Vervollkommnung ist nicht beliebig. Wir müssen mit den Karten spielen, welche uns ausgeteilt wurden. Wer das liest, ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Mensch und als dieser bist du ein soziales Lebewesen. Es gibt ein soziales Bedürfnis und wenn du diesem zuwider läufst, begibst du dich in einen Widerspruch zu diesem Bedürfnis. Es kann sein, dass eine Abkehr von diesem Bedürfnis für bestimmte Menschen die widerspruchsfreieste Lösung ist. Doch für die meisten Menschen wird dies wahrscheinlich nicht gelten.

Die romantische Liebe ist demnach ein sehr wahrscheinliches Element des guten Lebens. Das ist nicht garantiert, doch sollte jeder abwägen, ob er die romantische Liebe aufgibt. Ich halte es für unplausibel, denn dann verarmt das soziale Leben auf die gleiche Weise, wie auch der Körper verödet, wenn man sich nur noch von Fastfood ernährt.

Sollte man seine Freunde belohnen?

In diesem Video hat Jan von HabitGym einen interessanten Gedanken von Dale Carnegie vorgestellt:

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via: The Good Men Project

Beziehungen, in welcher sich ein Partner als Opfer von bösem Verhalten des anderen Partners herausstellt, kommen häufig vor. Die übliche Lösung ist es, die Verantwortung auf den schädigenden Partner zu legen. Er ist böse und man selbst kann nichts dafür.

Doch nach dem Prinzip der bedingungslosen Verantwortung, obliegt es beiden Verantwortung zu übernehmen. Dass der Schädigende Verantwortung für sein schädliches Handeln übernehmen sollte, liegt auf der Hand und ist an dieser Stelle uninteressant.

Doch gerade auch das Opfer sollte Verantwortung dafür übernehmen, dass es diesen Partner gewählt hat. Es hat sich für diesen Partner aus ganz bestimmten Gründen entschieden. Wenn dies eine außergewöhnliche Handlung ist, ist dies weniger bestimmend für das Leben des Opfers. Schließlich kann sich jeder irren. Doch wenn dies regelmäßig vorkommt, bedeutet dies, das dahinter ein Muster steckt.

Ich selbst habe die These, dass sogar eine einzige schlechte Partnerwahl Grund genug ist, sich selbst einer sorgfältigen Reflexion zu unterziehen.

Ein Opfer von regelmäßigen Missbrauch in verschiedenen Beziehungen hat nun verschiedene Möglichkeiten:

  • Es kann annehmen, dass die Welt ein gefährlicher Ort ist und man niemandem vertrauen darf.
  • Es kann annehmen, dass es selbst eine Disposition hat, sich schädigende Partner auszusuchen. Es übernimmt Verantwortung und arbeitet daran, diese Disposition abzulegen.

Nur Verantwortung führt zu einer Selbstentwicklung. Wer keine Verantwortung übernimmt, entscheidet sich für Stillstand.

Bewusstsein und wie man kriegt, was man will

In diesem sehr guten Beitrag “How to Stop Screwing Yourself Over” von Mel Robbins fallen mir zwei Dinge auf:

  1. Eine beeindruckende Frau. Sie schafft es, ihre Weiblichkeit als ein natürliches Moment ihrer Persönlichkeit zu gestalten und auch auszuleben. Wir können hier erleben und sollten es bewundern, wie eine Frau als Frau stark ist und nicht den Fehler macht, Stärke mit Männlichkeit zu verwechseln.
  2. Bewusstsein als zentrale Voraussetzung. Wer nicht bewusst ist, kann sich nicht zwingen. Er läuft dauerhaft auf Autopilot. Deswegen ist Bewusstsein eine der, vielleicht sogar die, zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Lebensführung.

Unsere Kultur ist auf dem Siegeszug – Gegen uns

Was ist der Auftrag unserer Kultur an uns?

Werde so glücklich, wie du nur sein kannst!

Doch es gibt nichts in unserer Kultur, dass uns Techniken an die Hand gibt, welche uns ermöglichen, Glück zu generieren. Was wir haben, ist die Isolation einer modernen Gesellschaft, in welcher sich nicht einmal Nachbarn im Treppenhaus grüßen, geschweige denn füreinander interessieren und kümmern.

Wir haben dagegen eine Werbeindustrie, welche im Auftrag des Konsums und des Profits unsere Bedürfnisse formt und in wirtschaftlich günstige Bahnen lenkt.

Unsere Bedürfnisse als Individuen sind nur insofern wichtig, als dass sie einen Profit für ein Unternehmen bedeuten.

Du sollst kaufen!

Wie passt das nun mit dem eigentlich Imperativ unserer Kultur zusammen? Wenn uns jemand etwas verkaufen will, sind wir meistens erstmal skeptisch und misstrauisch. Wir verstehen, dass das übliche Interesse eines Verkäufers erstmal das Eigene ist. Wir kennen die Regeln der Wirtschaft und des Kapitalismus.

Da ruft die Werbeindustrie einfach:

Du sollst kaufen, denn so wirst du glücklich!

Wenn ich dir das so platt sagen würde und ein Handy unter die Nase halte, würdest du mir wahrscheinlich einen Vogel zeigen. Doch es klappt immer wieder. Die Werbung ist geschickt und wie viele Menschen haben noch kein Smartphone?

”Du sollst kaufen!” ist das wichtigste Gebot unserer Zeit, dass als Einziges die Filter des Kapitalismus überlebt hat.

Und wir gehorchen dem Gebot. Wir kaufen uns und den Planeten tot. Wir arbeiten in Jobs und verbringen so den größten Teil unserer Wachzeit mit Dingen, die uns langweilen oder geradeheraus zuwider sind. Wir verbringen den größten Teil unserer Wachzeit damit, uns selbst unglücklich zu machen.

Gäbe es den Zwang zu arbeiten nicht, was würden die meisten Menschen tun? Würden wir das bedingungslose Grundeinkommen einführen, wären wir Zeugen der größten Selbstfindungswelle aller Zeiten? Würden wir erleben, wie Kunst und Bildung in bisher unbekannte Höhen explodieren würden? Würden wir erleben, wie wir eine nächste Stufe erreichen würden.

Leider nicht. Sehen wir uns Menschen an, welche nicht den ganzen Tag arbeiten müssen.

Haben Menschen Urlaub, wollen sie sich entspannen. Das ist natürlich, denn sie brauchen ein Gegengewicht zu einer Arbeit, die sie von sich selbst entfremdet. Doch selbst nach einigen Wochen Urlaub, fangen die Wenigsten an, ihren eigentlichen Interessen nachzugehen. Wie viele ungeschriebene Bücher sind in den Schubladen und Festplatten unserer Lehrer? Wie viele bis ins Absurde veränderte Autos bleiben Vorstellungen und Wünsche in den Köpfen von KFZ-Mechanikern? Wie oft erlebst du es, dass Menschen die Gelegenheit ergreifen, wenn sie da ist? Nicht so oft.

Haben Menschen endlich ihren verdienten Feierabend, wollen sie sich entspannen. Das ist nur natürlich, denn sie brauchen ein Gegengewicht zu einer Arbeit, die sie von sich selbst entfremdet. Doch was bedeutet Entspannung? Konsum. Fernsehen, Facebook, (Fr)Essen. Wie viele Menschen schaffen sich ein inspirierendes Gegengewicht zu ihrer, sie stumpf machenden, Arbeit? “Ich bin müde!” sagen viele, doch Leidenschaft kennt keine Müdigkeit. Wer Leidenschaft hat, den interessiert die Müdigkeit nicht. Ist der Künstler nach drei Tagen ohne Schlaf nicht müde? Ist der Olympia-Athlet nicht voller Schmerz und Entbehrung? Es ist nicht die Müdigkeit. Es ist ein Selbst, das lauwarm geworden ist.

Sind Menschen arbeitslos, wollen sie sich entspannen. Doch von was? Sie haben keine Arbeit, sie haben ihre Ängste. Die hohen Raten von Depressionen und sonstiger psychischer Krankheit bei Arbeitslosen zeigen, welche Probleme wir kriegen, wenn wir uns nicht durch die Arbeit betäuben. Es ist nicht die stumpfsinnige Arbeit, die uns davon abhält, uns wirklich zu entfalten. Stumpfsinnige Arbeit schützt uns davor mit einer inneren Leere konfrontiert zu werden, die durch die neue und überaus moderne Sinnlosigkeit unseres Lebens entsteht.

Die Kultur gewinnt. Sie tötet uns innerlich, sodass wir bewusstseinslose Zellen in einem Superorganismus werden können. Sie wird solange gewinnen, bis sie sich selbst auslöscht, indem sie bald auch unsere Körper durch Umweltverschmutzung, Übergewicht und psychische Krankheit tötet.

Großartige lebenspraktische Philosophie bei Tim Ferriss

http://fourhourworkweek.com/2015/11/10/alain-de-botton/

Ein absolut hörenswerter Podcast mit Alain de Botton und Tim Ferriss.

Die Grundhaltung von de Botton deckt sich mit der Grundhaltung von Donner & Pflicht. Philosophie sollte praxisnah bleiben und keine intellektuelle Masturbation werden. (Das spiegelt die historische Entwicklung wieder)

Ich habe den Eindruck, dass Alain genau das Maß an seelischer Vitalität im Überfluss hat, an welchem der arme Tim einen Mangel leidet. Das ist kein Angriff an Tim Ferriss. Er hat großartige und wichtige Arbeit im Bereich der Selbstentwicklung geleistet und leistet sie immer noch.

Gerechtigkeit ist Egoismus

In moralischen Debatten ist es ein Vorteil, wenn man sich in die Rolle des Schwächeren oder versucht einen Schwächeren zu verteidigen.1 Doch dieser Vorteil scheint vielmehr psychologischer Natur als moralischer Natur zu sein.

So kann man seine eigene Wut und rechtfertigen. Es ist recht und richtig wütend zu sein, wenn wir sehen, dass Starke sich gegen Schwache richten.

Doch wie wahrscheinlich ist es, dass es vielmehr darum geht, überhaupt Wut zu empfinden, und Ungerechtigkeit ein willkommener Anlass ist?

Wir können dies prüfen, indem wir untersuchen, inwiefern Gerechtigkeit ein Element von solchen Bewegungen ist.

Was ist Gerechtigkeit?

Gerechtigkeit äußert sich darin, dass wir einen Übeltäter leiden machen wollen. Er soll für seine Taten bestraft werden. Damit wird Gerechtigkeit zu einem sadistischen Bedürfnis.

Will man seinen sadistischen Trieb durch Gerechtigkeit befriedigen, muss man den Übeltäter Leiden machen. Es reicht nicht ihm Schmerzen zuzufügen. Das folgt aus dem Wesen des Sadismus. Wir können dies daran sehen, dass wir uns empören, wenn ein Straftäter dem Verfahren oder der Strafe gegenüber eine neutrale oder freudige Haltung einnimmt.

Sadismus ist die Disposition am Leiden eines Anderen Genuss zu empfinden. Das Gefühl von Macht ist die Quelle dieses Genuss.

Wir können dies an verschiedenen Situationen festmachen. Das Wesen von “Instant justice”, sofortiger Gerechtigkeit, ist nicht, dass Leiden aufgehoben wird. Ein Übeltäter wird Leiden gemacht, Leiden wird geschaffen. Das gibt uns das gute Gefühl von Gerechtigkeit und wir können daran sehen, dass ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden nichts weiter ist als ein ausgeprägter, sozial gerechtfertigter Sadismus.

Hier einige Videos zur Demonstration und zum Nachempfinden.

https://www.youtube.com/embed/CPOni6oiLKM

https://www.youtube.com/embed/FGfy6JAl2kk

Die Meisten von uns empfinden Freude, wenn der Übeltäter leidet. Ich wiederhole: Es ist dieses Leiden, dass die Freude auslöst. Das Gefühl von hergestellter Gerechtigkeit ist die Freude an fremden Leiden.

Ich halte diese Haltung für höchst schädlich, denn sie ist Eintrittspforte für weiteren Sadismus.

Das Leiden eines vermeintlichen Übeltäters kann zum Wert an sich werden. Wenn das passiert, ist die Voraussetzung für eine Eskalation von Gewalt gegeben. Dann geht es nicht mehr um das Maß, Gerechtigkeit ist nicht mehr das Wiederherstellen von Gleichgewicht. Sadismus, zunächst versteckt als Gerechtigkeit, zeigt seine hässliche Fratze.

Der Feminismus und Sadismus

Sehen wir uns zur Illustration ein paar Sachverhalte im Zusammenhang mit einer der prominentesten Gerechtigkeitsbewegungen an: Dem Feminismus.

Wir können eine einfache Unterscheidung aufmachen:

  1. Feminismus ist eine Haltung, welche auf die Aufhebung weiblichen Leidens ausgerichtet ist.
  2. Feminismus ist eine Haltung, die auf einen Machtgewinn gerichtet ist.

Beachte an dieser Stelle, dass ich nicht vom Feminismus als sozialer Bewegung spreche. Ich spreche von einer feministischen Haltung. Das heißt, einer Charakterisierung einer Person.

Wenn wir davon ausgehen, dass Feminismus die Haltung ist, welche darauf ausgerichtet ist, weibliche Macht zu erhöhen, um soziale Gerechtigkeit herzustellen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Feminismus eine eher sadistische Grundhaltung ist.

Feministische Doppelmoral

Üblicherweise ist Feminismus auf Ungerechtigkeit gerichtet, bei welcher eine Frau in der Opferrolle gesehen wird.

Deswegen wird einem weiblichen Opfer mit einer viel größeren Wahrscheinlichkeit geholfen als einem männlichen Opfer.

In diesem Video können wir alle drei Reaktionen sehen:

  1. Der Frau wird umgehend geholfen.
  2. Dem Mann wird üblicherweise nicht geholfen und eine unbeteiligte Frau freut sich sogar über die Gewalt, die dem Mann angetan wird.
  3. Eine Frau begründet, das Gewalt zu unterbinden ist.

https://www.youtube.com/embed/LlFAd4YdQks

Wir sehen, dass in den ersten beiden Fällen auf die Personen gerichtete Emotionen die Gründe für das Handeln sind. In beiden Fällen kennzeichnen Gerechtigkeitsgefühle die Situationen.

Die Dame im linken Oberteil erfreut sich an der Gewalt, die dem Mann angetan wird.

Nur im dritten Fall ist das Handeln auf das Vermeiden von Leiden selbst gerichtet. Diese Frau argumentiert sachlich und nicht persönlich. Gerechtigkeit spielt keine Rolle in ihrer Begründung.

Daraus können wir folgende Dinge ablesen:

Gerechtigkeitsempfinden führt nicht zu einer Senkung von Leiden. Gerechtigkeitsempfinden unterscheidet zwischen Leiden, an welchem wir Freude haben, und Leiden, an welchem wir mitleiden.

Diese Unterscheidung ist anfällig. Sympathie macht Mitleiden wahrscheinlicher. Antipathie dagegen macht Freude an fremden Leiden wahrscheinlicher.

Die Förderung und Verringerung von Leiden werden dann nicht mehr auf eine wie auch immer gearteten Moral ausgerichtet. Lust und Laune übernehmen dann unser Handeln und dieses ist auch geprägt, von unseren primitiveren Moralempfindungen.

Sehen wir uns die Stufenentwicklung der Moraltheorie an, sehen wir, dass wir auch offensichtlich problematische Haltungen in uns vergraben haben:

Auf der ersten Stufe bewerten wir nur die Dinge gut, welche unsere Bedürfnisse befriedigen. Das ist radikaler Egoismus. Wir verringern oder befördern dann Leiden, wenn es unseren Zwecken dient.

Diese Überlegungen führen uns eine weitere Verbindung zwischen unseren Empfindungen und unseren moralischen Annahmen vor Augen:

Egoismus versteckt sich im Gewand der Gerechtigkeit als Altruismus – manchmal.


  1. Wer sich für Nietzsches Position dazu interessiert, sollte unter dem Begriff “Sklavenmoral” suchen.