Arroganz der Intelligenzija

Das wahre Gesicht der Intelligenzija zeigt sich, wenn sie von Populismus sprechen. Es gibt zwei Seiten des Populismus:

  1. Eine politische Partei nimmt den Willen des Volks oder der Gruppe auf, deren Stellvertreter sie sind.
  2. Eine politische Partei generiert den Willen des Volks durch Manipulation.

Beiden ist gemeinsam, dass sie sich an eine Menge von Leuten richtet. Doch wenn sich ein Intellektueller über das Thema Populismus äußert, spricht er so, als wären beide Seiten des Populismus negativ. Er zeigt dadurch seine ideologische Verblendung, denn er ist unfähig ein Problem in seiner Komplexität zu handhaben und reduziert sie unreflektiert auf eine Hälfte.

  1. Das Volk ist dumm oder emotional (er meint: dumm durch Emotionen). Der Wille des Volks oder der Gruppe ist unvernünftig. Dabei kann er dies wohlwollend oder feindselig vertreten. Er kann sich verständnisvoll für die Gefühle der “einfachen Leute” geben, sich also in wohlmeinender Überheblichkeit über andere Menschen erheben. Oder er ist feindselig und etikettiert die entsprechende Gruppe als feindselig. Formulierungen wie “Das Volk ist dumm.” sind Indizien (keine Beweise!) für die totale Bezeichnung. Indizien für eine ideologisch motivierte Verurteilung der Gruppe ist die laufende Bezeichnung der Gruppe verschiedener Abwertungen. (Wir finden beispielsweise die reflexhafte Bezeichnung von Gruppen als “rassistisch”, “sexistisch” und vielen anderen Ismen, wenn einer der Ismen identifiziert wurde) https://www.youtube.com/watch?v=vRquPxdHNGE
  2. Jeder Einfluss auf die Meinungsbildung des Volks wird als Populismus verurteilt, wenn sie nicht dem aktuellen Dogma der Intelligenzija entspricht. Das heißt, dass jede öffentliche Kommunikation immer vor dem Hintergrund der “wahren” Meinung bewertet wird.

Spricht er zu Menschen, die er als Genossen (oder Kamerad) der Intelligenzija wähnt, genügt ihm die Bezeichnung einer Partei als populistisch, um Kritik zu üben. Er geht davon aus, verstanden zu werden, weil er in seiner Muttersprache sprechen kann: Lingua franca Intelligenzija.

Spricht er mit Menschen, die er nicht als Genossen (oder Kameraden) der Intelligenzija erwähnt, kommt es durchaus vor, dass er blind für die Erklärungsbedürftigkeit der Populismuskritik ist. Er bezeichnet etwas als Populismus und wundert sich, dass er nicht verstanden wird. Er sieht sich mit Einwürfen konfrontiert, dass die Meinung von anderen Menschen auch vernünftig sein kann, obwohl sie von seiner eigenen Meinung abweicht.

Von hier entscheidet sein Temperament und sein Charakter, wie er damit umgeht. Ist er wahnsinnig, wiederholt er seine bisherige Taktik. Er wiederholt sein Verhalten und erwartet ein anderes Ergebnis. Ist er dumm, ist er erschüttert und versteht die Welt nicht mehr. Ist er aufbrausend, geht er zum Angriff über (meistens ad hominem). Ist er melancholisch, deprimiert er und fühlt sich einsam.

Komplexe Phänomene erfordern einen nicht-ideologischen Umgang zu dem der Intellektuelle nicht fähig ist. Ist der Intellektuelle mit Komplexität konfrontiert, muss er sich entscheiden: Gibt er (zumindest teilweise) seine ideologische Blindheit (oder auch: selbstverschuldete Unmündigkeit) auf oder erhärtet er sie und sucht nach schärferen Waffen?

Kunst und Massenfertigung sind nicht unvereinbar

Ein anschauliches Beispiel ist die Arbeit des Schriftstellers. Seine Aufgabe ist es nicht, möglichst viele Bücher zu schreiben. Seine Aufgabe ist es, möglichst gute Bücher zu schreiben. Der Verleger übernimmt dann die Aufgabe der Massenfertigung und des Marketings.

Orientiert sich der Schriftsteller zu stark an der Massentauglichkeit verliert er sein Ikigai, damit seinen Sinn und damit auch seinen Anreiz zur handwerklichen Güte. Es ist für ihn schlecht, denn er verringert seinen Sinn als Shokunin. Es ist für die Menschen schlecht, seine Werke verlieren ihre Qualität.

Orientiert sich der Schriftsteller überhaupt nicht an der Massentauglichkeit, ist sein Werk für die meisten Menschen irrelevant. Das ist für ihn schlecht, denn er schreibt Irrelevantes. Das ist für die Menschen schlecht, denn sie können nicht die Bücher lesen, die der Schriftsteller schreiben könnte.

Die Zusammenarbeit von Schriftsteller und Verleger sollte daher so gestaltet werden:

  1. Der Schriftsteller arbeitet so wie ein Artisan und versucht die beste Qualität von Texten herzustellen. Dabei orientiert er sich sowohl an dem, was er selbst als Güte empfindet, als auch an der Relevanz für die Menschen.
  2. Der Verlag übernimmt die Massenproduktion der Bücher und das Marketing.

Weil ein Buch eigentlich ein geistiges Werk ist und nur zu einem ganz geringen Teil von der physischen Manifestation als tatsächliches Buch abhängt, funktioniert diese Doppelstrategie so gut. Der Verleger kann durch schlechte Papierqualität oder schlechten Satzspiegel das Buch ein Stück weit kaputt machen. Aber heutzutage ist das eher selten.

Ebenso verhält es sich mit Bildern. Wenn wir einen Nachdruck der Mona Lisa kaufen oder uns eine digitale Kopie ansehen, verlieren wir vielleicht die Struktur, die einem Ölbild zu eigen ist. Doch wir verlieren bei weitem nicht alles. Die Vervielfältigung der Bilder ermöglicht es, vielen Menschen Zugang zur Kunst zu gewinnen, ohne viele Millionen Euro auszugeben oder nach Paris reisen zu müssen.

Ikigai als täglicher Sinn in gelebter Einfachheit

Als Ikigai wollen wir den täglich gelebten und erfahrbaren Sinn verstehen. Wenn wir Ikigai locker als Grund morgens aufzustehen übersetzen, dann können wir uns ein anschauliches Bild von diesem Sinnkonzept machen.

Ikigai ist der Sinn unseres Lebens, der sich in täglichen Handlungen widerspiegelt:

  • Der Tänzer, der früh morgens aufsteht, und seinen Körper mit Mobilisierungs- und Kräftigungsübungen vorbereitet, lebt in dieser Morgenroutine sein Ikigai.
  • Der Unternehmer, der abends seinen Schreibtisch aufräumt und sich einen Überblick über die Aufgaben des nächsten Tages verschafft, lebt in dieser Art seines Feierabends sein Ikigai.
  • Der Schmied, der seine Arbeit damit beginnt, sein Werkzeug zurechtzulegen und es in einem traditionellen Ritual segnet, lebt in diesem Ritual sein Ikigai.
  • Die Mutter, die jeden Abend die Kleidung ihres Kindes herauslegt, lebt darin ihr Ikigai.

Der japanische Begriff meint nicht nur die praktische Seite. Der Begriff beschreibt auch ein konkretes Gefühl. Die Doppelnatur dieses Begriffs können wir vielleicht am ehesten durch den folgenden Satz einfangen:

Ikigai haben wir dann, wenn die täglichen Gewohnheiten ein Ausdruck des Sehnens unserer Seele nach Sinn sind.

Weil dieses Sehnen in unseren täglichen Handlungen ihr Ziel erreichen kann, ist Ikigai keine große, fantastische Angelegenheit mit viel Feuerwerk. Einfachheit ist die Voraussetzung für Ikigai.

Klugheit ist mehr als nur Intellekt

Klugheit basiert nicht nur auf einem hohen IQ. Sie muss von Hartnäckigkeit und Mut begleitet werden. Dazu braucht es Motivation. Skin in the Game ist die ultimative Motivation und damit eine wichtige Säule für Klugheit. Das ist die Quelle der oft erstaunlichen geistigen Leistungen von Drogenabhängigen angesichts des Entzugs.

Vielleicht könnte man Klugheit eher mit der kristallinen Intelligenz vergleichen, während der Begriff der Intelligenz eher die fluide Intelligenz meint. Dadurch wäre auch die Beziehung von Klugheit und einem hohen IQ in der Alltagssprache klar.

Klugheit muss man sich erarbeiten. Die reine, fluide Intelligenz kann viele Probleme nicht lösen. Die Welt ist zu komplex, damit wir Menschen sie nur mittels ihres Geistes verstehen können. Wir müssen durch unsere Handlungen in Kontakt mit der Welt kommen, um Informationen zu gewinnen, die unsere Vorurteile und unseren Widerstand gegen Neues brechen.

Beispiel: Für Menschen, die kein intensives Kältetraining machen, scheint es Sinn zu machen, sich so schnell wie möglich nach einer Sitzung aufzuwärmen. Es ist ein intellektuell einwandfreier Gedanke, der dem Test der Praxis nicht standhält. Sinnvoller ist es, wenn man sich noch einige Augenblicke in ruhig in kalter Luft aufhält. So ist der Übergang von Kälte zurück zur Wärme nicht so stressig und subjektiv deutlich angenehmer.

Das Konzept von Klugheit veranschaulicht, dass der Erkenntnisprozess nicht rein geistig zu verstehen ist. Sowohl Denken als auch Handeln sind gleichermaßen im Erkenntnisprozess beteiligt. Wer nicht handelt, denkt nur halb und wird damit nicht klug.

Allzu intensive Begriffsarbeit führt den Philosophen weg von der Alltagssprache

Alltagssprache entsteht durch die Aushandlung von Bedeutung in der Kommunikation. Begriffsarbeit tendiert dazu lange von einem einzelnen Denkenden betrieben zu werden. Dazu noch ist Begriffsarbeit hauptsächlich darauf ausgerichtet ein Fachvokabular zu entwickeln.

Eine gute Philosophie muss Rücksicht darauf nehmen und versteht diese Distanz als Schwäche. Diese Distanz macht sie nicht nur schwerer verständlich, sondern auch weniger relevant. Es ist daher die Aufgabe der Philosophie sich immer wieder zu versichern, dass sie alltagssprachliche Begriffe benutzt und sich auf die konkrete Lebenswelt echter Menschen bezieht.

Philosophie, die das missachtet, ist irrelevant. Ihre Unverständlichkeit liegt nicht in ihrem Anspruch. Sie ist nicht verstehbar, weil sie nichts enthält, dass verstehbar ist. Verständlich: Sie ist irrational.

Ein guter Bösewicht ist der Held seiner eigenen Geschichte

Würde man die Geschichte aus der Sicht des Bösewichts schreiben, wäre er der Held und würde sich als Held (oder Antiheld) sehen.

Der rechtschaffen-böse Charakter glaubt an die Richtigkeit seiner eigenen Ordnung und sieht sich als Ritter der Wahrheit. In dem Sinne ist er wahrhaftig.

Das ist einer der Gründe, weshalb Batman ein so faszinierender Charakter ist. Sein Zweck ist auf das Gute ausgerichtet — zumindest aber darauf das Böse zu verringern. Doch dabei übertritt er durch seine Brutalität Grenzen, die uns vor die Frage stellen, ob wir ihn trotz seiner wohlmeinenden Ziele als gut einstufen können.

Dem Schreibenden ermöglicht es dadurch Batman auf der Grenze zwischen Gut und Böse wandeln zu lassen. Wir nehmen an Batman der Gute ist, weil er der heldenhafte Protagonist ist. Dann verkrüppelt er grausam und gefühlskalt andere Menschen, auch wenn sie Verbrecher sind. Wir revidieren unser Urteil, gerade auch weil der Eindruck der Brutalität jünger ist. Dann werden wir an seine tragische Hintergrundgeschichte erinnert. Sein Verhalten scheint nachvollziehbar und unser Mitleiden stimmt uns wieder wohlgesinnt.

Der chaotisch-böse Charakter glaubt an die Falschheit aller Ordnung. Daher ist es ihm ein Anliegen, Ordnung an und für sich zu zerstören.

Der Joker ist ein solcher Charakter. Er spiegelt den Glauben an die Falschheit aller Ordnung in seinem eigenen ungeordneten Geist wider. Gleichzeitig sind sein Genie und seine ausgefeilten Pläne außerordentlich geordnet. Er ist nicht nur reines Chaos, sodass wir ihn als einen kranken Menschen abtun können. Wäre er reines Chaos, käme ihm keine Verantwortung zu, wir könnten ihn nicht als Böses identifizieren. Er hat gerade genug Ordnung in ihm, damit Platz für Verantwortung in ihm ist.

Als maximal chaotisches Böses wirkt er wie ein Zauberhut, aus dem man alles hervorzaubern kann. Sein Ziel in The Dark Knight ist eine Entscheidung von Batman zu erzwingen. Er erkennt die Gefahr für Batman: Das Böse kann entstehen, wenn man beginnt daran zu glauben, dass der Zweck alle Mittel heiligt.

Das ist, was passiert, wenn Kommunisten politische Macht gewinnen. Sie sehen nur das Ergebnis, dass sie als eine Utopie mit dem reinen Guten verwechseln. Hindernisse müssen dabei als Stellvertreter des Bösen gesehen werden. Mittel zur Überwindung dieser Hindernisse sind dabei die Werkzeuge, ihrerseits Stellvertreter, des Guten. Was liegt da näher, die stärksten und mächtigsten Werkzeuge des Guten zu beschwören? So konnte Stalin den Holodomor und die Entkulakisierung beschwören und rechtfertigen. So konnte Hitler angesichts eines Kriegs an zwei Fronten rechtfertigen, einen großen Teil seiner Ressourcen in den Genozid an den Juden zu investieren.

Es gibt eine Regel für Batman: Er tötet nicht. Es ist eine Stellvertreter Regel für die 10 Gebote. Die Geschichte von Batman ist eine Manifestation des archetypischen Kampfes zwischen Gut und Böse. Das Geniale an dieser Geschichte ist, dass das Gute in dieser Geschichte nicht überhöht wird. Superman wäre ein Beispiel des überhöhten Guten. In ihm beantwortet sich die Frage, wie gut man sein kann. Ein Resultat seiner Natur ist die Dynamik, dass seine Kräfte dazu tendieren ins Unendliche zu wachsen. Sein guter Charakter wird generell nicht in Frage gestellt. Deswegen muss seine Kompetenz erforscht werden. Batman ist dagegen genau auf der anderen Seite des Guten. In ihm steckt die Frage, wie nahe sich das Gute an die Grenze des Bösen wagen kann, ohne sich selbst aufzulösen.

Im Film The Dark Knight stellt der Joker die These auf, dass es diese eine Regel ist, die ihn auf der Seite des Guten hält. Als Trickster versucht der Joker, dies Ordnung als Illusion zu tarnen. Batman glaubt an den Schutz dieser Regel. Für ihn ist sie heilig. Joker führt ihn in Versuchung durch das Dilemma: Egal, was du tust. Du brichst nicht nur deine Regel, wählst das Mittel des Bösen und begehst die stalinistische Sünde, die deine Seele zerstören wird. Darüber hinaus, wirst du die Regel brechen und nicht einmal ein Ergebnis erreichen, dass den Regelbruch rechtfertigt. Das ist Jokers Zweifrontenkrieg gegen den letzten Rest des Guten in und an Batman.

Doch Joker muss sich selbst als Held sehen. Er strebt ein Ideal an, das für sich genommen als gut betrachtet werden kann: Keine Illusionen. Der Joker sucht nach Wahrheit und versucht sie in der Welt zu manifestieren. Der Joker verneint nicht nur die Existenz von Gut und Böse. Er glaubt daran, dass diese Unterscheidung eine Lüge ist. Damit ist diese Unterscheidung das eigentlich Böse und muss aufgehoben durch das eigentlich Gute aufgehoben werden: Die Wahrheit.

Selbst der Joker kann als Held seiner eigenen Geschichte gelesen werden. Wenngleich man dafür argumentieren könnte, dass der Joker angesichts dieser Lesart versuchen würde, auch diese Interpretation ad absurdum zu führen.

Warum lebt das nationale Bewusstsein in Europa wieder auf?

Decentralization is based on the simple notion that it is easier to macro bullt that microbut. Decentralization reduces large structural asymmetries.[^taleb2018]

Und weiter:

But not to worry, if we do not decentralize and distribute responsibility, it will happen by itself, the hard way: a system that doesn’t have a mechanism of skin in the game, with a buildup of imbalances, will eventually blow up and self-repair that way. If it survives.[^taleb2018]

Wollen wir Nationalismus bewerten, brauchen wir Alternativen für einen Vergleich. Wir brauchen ebenfalls den angemessenen Begriff. Ist es Nationalismus oder Patriotismus, der auflebt? Ist es Abneigung gegen Fremde oder die Zuneigung zu einer Gemeinschaft, die gesucht wird? Und was ist, wenn die Zuneigung zur Gemeinschaft gesucht wird, aber die Abneigung gegen das Fremde gefunden wird? Was ist, wenn Abneigung gegen das Fremde zur Rechenschaft gezogen werden will, aber der Bestrafte seine Zuneigung zur Gemeinschaft bestraft sieht? Müssen beide Phänomene dem gleichen Ursprung haben? Was ist schlimmer? Eine seelenlose Bürokratie, welche die Menschen entfremdet und eine Leere hinterlässt, die durch Ideologie gefüllt wird? Oder die ideologische Erblindung selbst?

Die schlechtesten Debatten werden von Bürokraten geführt.

Bureaucracy is a construction is by which a person conveniently separated from the consequences of his or her actions.[^taleb2018]

Die Debatten, die wir lesen, werden von modernen Politikern und Journalisten geführt. Zwei schon fast archetypisch bürokratische Berufsgruppen. Wen wundert es, dass niemand etwas von der Sache versteht?