Es gibt das seltsame Gerücht, dass Frauen und Männer sich in ihrem promiskuitiven Verhalten unterscheiden. Es gibt das Gerücht, dass Männer durchschnittlich mehr Sexpartner in ihrem Leben hatten als Frauen.
Doch das ist unmöglich, wenn wir davon ausgehen, dass wir geschlossene Märkte für Hetero- und Homosexuelle haben.
Ein heterosexueller Mann kann den Schnitt seines Geschlechts nur erhöhen, wenn er Sex mit einer Frau hat, also auch den Schnitt der Frauen erhöht. Heterosexuelle Männer und Frauen haben garantiert genau gleich viele Sexualpartner. Auch Gruppensex ändert nichts daran. Selbst, wenn er gleichzeitig mit 10 Frauen Sex hat, erhöht er die Zahl der männlichen Sexualpartner um 10 und die Frauen die Zahl ihrer Sexualpartner auch um 10.
Man muss sich das nur als Fußballspiel vorstellen, bei dem man ein Tor nur schießen kann, wenn man dem Gegner erlaubt, bei sich selbst ein Tor zu schießen. Das Spiel geht immer unentschieden aus.
Dein Argument funktioniert erst, als Du mit dem zweiten Satz den Durchschnitt ins Spiel bringst und das Gerücht darauf reduzierst. Im diesem Gerücht ist ursprünglich vom Durchschnitt jedoch nie die Rede. Vielmehr geht es um eine ungleiche Verteilung der Anzahl an (heterosexuellen) Sexualkontakten in der männlichen bzw. weiblichen Bevölkerung. Folgendes Beispiel-Szenario: die ‘oberen’ 20% der Männer schlafen mit den ‘oberen’ 80% der Frauen, der Rest geht jeweils leer aus. Die Durchschnittswerte sind natürlich dieselben, aber das Sexualverhalten unterscheidet sich zwischen den Geschlechtern trotzdem massiv. Dieser Unterschied ist das, was sich dann in dem von dir wahrgenommenen Gerücht niederschlägt.
Anders gesagt: guck dir statt dem Durchschnitt mal den Median in deinem Gruppensexbeispiel an (angenommen es gibt noch 9 Männer, die im Hintergrund existieren und nicht teilhaben). Der Gruppensex ändert nichts am Durchschnitt, sehr wohl aber am Median der beiden Gruppen (Median ist bei den Männern 0, bei den Frauen 1; Durchschnitt bei beiden 1).
Korrekt. Es geht um den Durchschnitt.
Die fehlt noch die Begründung dafür, weshalb der Median nun das Verhalten besser wiedergibt als der Durschnitt. :)
Der Median gibt uns in Verbindung mit dem Durchschnitt eine wichtige Information: wie die Verteilung grob aussieht (links- oder rechtsschief), wie also z.B. die Ausreißer verteilt sind. Diese Ausreißer sind im echten Leben, das sich abseits von künstlichen Durchschnittswerten abspielt, enorm wichtig und spielen auch für die Gerüchtebildung bzw. wahrgenommenes Sozialverhalten eine wichtige Rolle. Also: Die Reduktion dieser gesellschaftlich intuitiv wahrgenommenen Sachverhalte auf einen statistischen Durchschnitt ist unzulässig.
Nassim Taleb sagt hierzu:”Quere niemals einen Fluss, der im Durchschnitt 1,50m tief ist” (oder so ähnlich).
Jetzt spielst du mir in die Karten.
Den Median habe ich nur ins Spiel gebracht, um aufzuzeigen, wie wenig Aussagekraft der Durchschnitt hat.
Mir geht es darum, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn man mit vermeintlichen, rechnerischen Schlauheiten solche Volksmund-Urteile widerlegen will.
Das von dir angesprochene “Natürliche” wäre in diesem Fall eine Art Promiskuitätsfaktor, der komplex und undurchschaubar von der Gesellschaft berechnet wird und – am Gerücht zu erkennen – für Männer höher liegt als für Frauen.
Falls der Volksmund hier wirklich von (statistischen) Durchschnitten spricht, ist das in meinen Augen einfach Unachtsamkeit oder das Weglassen von gewissen Randbedingungen. Was z.B. gemeint sein könnte: Ein sehr attraktiver Mann hat im Durchschnitt mehr Sexualpartner als eine sehr attraktive Frau. Also Männer schöpfen ihr Promiskuitätspotenzial (lol) im Schnitt eher aus.
Mindestens läuft das alles hier darauf hinaus, dass ich mich dagegen sträube, deinen Clickbait-Titel (Clickbait durch Weglassen des zentralen Durchschnitt-Elements) so stehen zu lassen. In Anbetracht der sehr unterschiedlichen Sexualität von Mann und Frau ist diese Aussage absurd, ohne explizit auf den Durchschnitt zu verweisen (ein Verweis, der das ganze wiederum vollkommen trivialisiert).
Klar. Aber jetzt fehlt noch das eigentliche Aufzeigen, weshalb der Durchschnitt wenig Aussagekraft hat.
Klar. Ich bin mit der Incerto von Taleb vertraut. Im Wissen dieser Arbeit habe ich diesen kleinen Beitrag geschrieben. Bisher bist du rhetorisch, nicht aber argumentativ.
Am Gerücht ist erstmal nichts zu erkennen. Ich vermute, was du mit Promiskuitätsfaktor meinst: Männer würden mehr, wenn sie könnten als Frauen.
Wenn du das meinst, dann ist das zu verkürzt, weil ich nichts über die Intention geschrieben habe, sondern darüber, was tatsächlich stattfindet: Das Verhalten.
Naja. Das heißt aber nicht, dass die Verteilung entsprechend so ist, dass die aktivsten Männer mehr Sex haben als die aktivsten Frauen. Attraktivität ist dabei nicht der ausschlaggebende Punkt. Extrem promiskuiive Frauen müssen nicht die Attraktivsten sein.
Zusätzlich, wenn die Verteilung bei den Männern extremer gestaltet (wenige mit ganz vielen Sexualpartnern und viele mit wenigen bis keinen): Dann wäre der Median bei den Frauen sogar höher als bei den Männern. :)
Das ist kein Clickbait. Ich habe genau geliefert, was ich geschrieben habe. Im Titel steht der Schluss, im Text die Gründe.
Ich lese bisher
Gut, ich will versuchen, argumentativer zu sein, weniger rhetorisch.
Der Durchschnitt hat wenig Aussagekraft, weil zwei Verteilungen mit dem selben Durchschnitts sehr unterschiedlich beschaffen sein können.
Wenn du im Titel von “genau gleich” sprichst, impliziert das zwei genau gleiche Verteilungen, geht also über Durchschnitte weit hinaus.
Das war, was ich mit dem Median versucht habe aufzuzeigen. Ob der nun bei Männern höher oder niedriger liegt, ist nicht relevant, sondern nur, dass er anders ist und damit die Nicht-Gleichheit der Verteilungen beweist (und damit auch die Unzulässigkeit der Titel-Aussage).
Naja, der Durchschnitt hat eben genauso viel Gehalt, wie ein Durchschnitt ihn eben hat.
Promiskuität ist genau das, als was man es bezeichnet. In diesem Fall das durchschnittliche Verhalten. Und das ist analytisch genau gleich. Daher habe ich das Verhalten mit dem Durchschnitt beschrieben und nicht die Neigung. Das ist eben der Unterschied zwischen einer präskriptiven Definition und einer deskriptiven Definition.
Nehmen wir an, du hättest geschrieben, dass man im Alltag nicht das eieigentliche Verhalten, sondern die Neigung meint. Das wäre eine treffende Kritik, weil der Begriff der Promiskuität als Durchschnitt dann nicht das meint, was wir im Alltag meinen und damit nicht im Alltag verwendet wird.
So ist es auch nicht bloß die ungleiche Verteilung an sich, auf die du dich gestürzt hast. Du hast Bezug auf das Gerücht genommen und gesagt, dass die Verteilung zum Gerücht führt, Männer seien promiskuitiver. Aber es gibt bisher keinen Hinweis darauf, dass Männer in irgendeiner Form als Gruppe promiskuitiver sind. Das ist auch im ersten Schritt clever, weil du schließlich den Median als relevant verteidigen musst. Meine implizite Gegenfrage ist nämlich, warum der Median relevant ist und auch die unterschiedliche Verteilung. Im zweiten Schritt ist das dann aber unvernünftig, weil du dann inhaltliche Aussagen über den Begriff machen musst, um den Median zu qualifizieren. Und dann musst du auch noch nachweisen, dass die Mediane sich erheblich vom Durchschnitt unterscheiden.
<
blockquote cite=”Nehmen wir an, du hättest geschrieben, dass man im Alltag nicht das eieigentliche Verhalten, sondern die Neigung meint. Das wäre eine treffende Kritik, weil der Begriff der Promiskuität als Durchschnitt dann nicht das meint, was wir im Alltag meinen und damit nicht im Alltag verwendet wird.”> In etwa sowas habe ich versucht, zu sagen. Hätte das wohl früher und klarer ausdrücken können, anstatt diese Nebenschauplätze zu eröffnen. Vielen Dank jedenfalls für die sehr ausführlichen Antworten, es war mir eine (lehrreiche) Freude.
Alles ist in bester Ordnung und ich bedanke mich ganz herzlich, dass du meine Position herausgefordert hast.