Die Welt ist ein Witz voller Rempler

Heute will ich nur kurz über einen Gedanken schreiben, den ich heute mit zwei quasi Fremden geteilt habe. Die beiden schienen von der Idee angetan zu sein, obwohl die Umsetzung nicht ganz klar schien.

Ein Grund, weshalb ich diesen Blog gestartet habe, war ehemals das, was ich im “About” als Donner bezeichnet habe. Der Blog sollte Ausdruck meiner Wut sein, denn ich wusste und weiß oft nicht wohin mit dieser. Ungerechtigkeit, Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit sind Dinge, die mich wirklich zur Weißglut bringen.

Das geht soweit, dass ich das Verhalten in der Fußgängerzone oder in der Unihalle der Passanten derart lächerlich finde, dass ich jeden Einzelnen von ihnen an seinem eigenen Gedärm aufhängen will (auf Russisch klingt das sehr plastisch. Falls einige dieser Sprache mächtig sind, wissen sie hoffentlich, was ich meine).

In Bielefeld hat sich folgendes Verhalten verfestigt: Die Menschen gucken einen an, erkennen, dass man sich auf Kollisionskurs befindet, weichen aber kein bisschen aus. Sie ignorieren einen und weichen entrüstet erst im letzten Augenblick aus. Ich empfinde dieses Verhalten als unglaublich belästigend. Ich gehe einige Meter und inbesondere beim Erkennen des Kollisionskurses leicht (ungefähr die Hälfte der nötigen Strecke) aus und drehe mich leicht ein. Das scheint nicht zu reichen.

Oft bin ich mit dem Gedanken “Den nächsten Wichser erwürge ich.” herumgelaufen. Ich habe meine Wut als gerechtfertigt empfunden und ein bisschen ist das immer noch so. Für mich ist es ein wichtiger Charakterzug von mir, dass ich emotional berührt bin, wenn ich Dinge sehe, die ich für unmoralisch halte, selbst wenn es um so Kleinigkeiten geht.

Heute bin nach wie vor emotional berührt, fasse aber meinen oben genannten Gedanken wörtlich: Es ist lächerlich. Ich lache nur noch über so ein Verhalten. Wo ich früher Gewitterwolken über dem Kopf und Donnerkeile in den Händen hatte, macht mich so ein Verhalten wirklich glücklich.

Wenn mich jemand umrennt, es nicht schafft auszuweichen, weil er zu stumpf ist, irgendwie auf die Umwelt zu reagieren und so etwas wie Rücksicht zu zeigen – das muss keine Bosheit sein, Stumpfheit reicht – ich lache nur noch. Die Welt ist für mich zur Komödie geworden.

Wie habe ich das gemacht? Im wahrsten Sinne des Wortes war das hartes Training für mich. Auf der einen Seite will ich mir nicht vorheucheln, dass die Welt ein schöner Ort ist. Ich will den Leuten auch nicht unterstellen, dass sie mich vielleicht nicht gesehen haben oder andere Ausreden und Rechtfertigungen für sie bereit halten. Auf der anderen Seite halte ich es nicht für rational mir die Laune zu verhageln und mich damit von der Stumpfheit der anderen (fremd-)steuern zu lassen.

Ich habe angefangen gegen mein Bedürnis zu lachen. Ich habe mich bei jedem noch zu kleinstem Zwischenfall gezwungen das ganze als Witz zu sehen. Ich habe bewusst angefangen die Welt, so wie sie jetzt ist, einfach als Witz zu betrachten.

Ich weiche nach wie vor nur zur Hälfte aus und werde nach wie vor von stumpfen Leuten angerempelt oder ganz entrüstet angesehen, dass ich als Teil der Umwelt vorhanden bin. Ich lache aber bloß noch. Ich lache, weil ich es mir zur Gewohnheit gemacht habe, erst zu lachen. Und es wirkt. Ich gehe nun unbekümmerter durch die Welt.

Ich sage mir, die Welt ist schon unmoralisch genug. Aber davon lasse ich mich nicht mehr steuern und meine Laune bestimmen. Wie im vergangenen Post beschrieben ist glücklich sein eine wichtige Voraussetzung für die Vervollkommnung und die nehme ich mir jetzt.

6 Responses to “Die Welt ist ein Witz voller Rempler”

  1. Son-Goeran

    Wahre Worte. Kenn solche Situationen auch nur zu gut. Man muss (im Idealfall) irgendwann zu dieser Lösung kommen. Alles andere ist Energieverschwendung in die falsche Richtung – obwohl ein deftiger Rempler den meisten mal brauchen könnten.

    ich glaub, ich probier auch mal vor solch einer Person (face to face) stehen zu bleiben. Direkter Blickkontakt. Lachen kann ich dann immer noch…

    Schöner Post!

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  2. enchantedMirror

    Lieber Donner,

    ich habe einige deiner Posts gelesen und sehe viel Zorn, den du aus dir sprechen lässt.

    Glaubst du wirklich, dass die Menschen so sind, wie du sie beschrieben hast, oder ist es vielleicht möglich, dass du in deine Umwelt das projizierst, was du tief in dir versteckst hälst und nicht betrachten möchtest?

    Dazu fällt mir folgende Geschichte ein:

    “””” In Indien, hoch oben auf einem Berg, stand der riesige Tempel der tausend Spiegel.

    Eines Tages kam ein Hund auf den Berg und betrat den Spiegelsaal. Als er die tausend Hunde sah, bekam er Angst, sträubte das Nackenfell, knurrte furchtbar und fletschte die Zähne. Und tausend Hunde sträubten das Nackenfell, knurrten furchtbar und fletschten die Zähne.

    Voller Panik rannte der Hund aus dem Tempfel und glaubte von nun an, dass die Welt aus lauter knurrenden, gefährlichen und bedrohlichen Hunden bestehe.

    Einige Zeit später kam ein anderer Hund auf den Berg und betrat den Tempel. Auch er sah die tausend Hunde. Freudig wedelte er mit dem Schwanz, sprang fröhlich herum und foderte die Hunde zum Spielen auf.

    Er verliess den Tempel mit der Ueberzeugung, dass die ganze Welt aus netten, freundlichen Hunden bestehe, mit denen sich wunderbar spielen liesse. “”””

    Mir ist bewusst, dass mein Beitrag bei dir Reaktanz erzeugen wird, doch frag dich ruhig einmal ehrlich folgende Frage:

    Ist die Welt voller Rempler oder stößt du vielleicht immer wieder gegen deine eigene latenten Erwartungen?

    Gnothi seauton! eM

    Antworten
    • donnerundpflicht

      Ich fühle meinen ungesunden Narzissmus angenehm wachsen, wenn ich merke, dass ich als Mitteilender interessanter bin als die Mitteilung. :)

      Ich nehme in zwei Hinsichten Bezug auf deinen Kommentar: 1. Auf die Rhetorik, weil ich es für wichtig halte, sich auch mit dem Mittel der Philosophie zu beschäftigen. 2. Selbstverständlich auf den Inhalt.

      1.: Zunächst kann ich die erste Frage nur bejahen. Selbstverständlich kann es sein, dass ich unangenehmes in die Welt projiziere. Es ist geschickt eine Frage, die man auf jeden Fall bejahen muss an den Anfang zu stellen. Es ist eine sehr einfacher und wirksamer rhetorischer Trick, denn man verliert auf jeden Fall an Glaubwürdigkeit in der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand. Gibt man dem Gegner recht, schwächt man seine Position, verneint man eine einleuchtende Notwendigkeit belegt man seine Unvernunft oder seinen Unverstand. Damit ist jedoch nicht viel gesagt. Genauer: Fast gar nichts, weil man nur einen Punkt im Raum der Möglichkeit gefunden hat. Dieser ist unendlich.

      Eine Geschichte erzeugt zweierlei. Sie weist einem die Erzählerrolle zu. Diesem werden natürlich gewisse Eigenschaften zugewiesen. Vor allem diejenige, dass er die Geschichte selbst verstanden hat und das Verstehen der Geschichte wichtig ist um sich auf gleicher Ebene mit dem Erzähler gleichzustellen. Man wird nicht nur gedrängt die Geschichte zu verstehen. Im Verstehen liegt gleichzeitig die Nähe zur Rechtfertigung. Daher auch die verzweifelte Frage im Streit “Kannst du mich denn nicht verstehen?” Ich habe diese Frage fast nur von Frauen erlebt, aber ich denke, dass das keine Geschlechts- sondern eine Haltungsfrage ist. Wem diese Frage öfter begegnet, sollte mal die Antwort “Ich kann voll und ganz nachvollziehen, was du meinst. Ich finde es nur nicht richtig.” probieren. Lasst euch überraschen, aber bringt diesen Spruch nicht in ernsten Situationen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies als sehr starke Ablehnung der Person und nicht der Sache empfunden wird.

      Das Vorweggreifen einer Reaktion zeigt immer Überlegenheit, denn den Gegenüber berechenbar zu machen, suggeriert, dass man auf die Reaktion des Gegenübers schon eine Antwort hat.

      Wenn ich überzeugen will, ohne aufdringlich zu sein, verwende ich ähnliche Techniken. Leider sind diese Techniken sehr präsent im spirituellen Bereich. Viele spirituelle Lehrer sind gute Rhetoriker und der Weg “Kann es nicht auch so sein?” ist sehr präsent und paradigmatisch. Zumindest meiner Erfahrung (schriftlich wie auch mündlich) nach. Was mir dabei nicht gefällt ist, dass scheinbar ein Angebot gemacht wird, aber rhetorische Mittel verwendet werden. So rechtfertigt sich Werbung. Vordergründig soll sie über Produkte informieren, hintergründig soll sie überzeugen. Das halte ich für unethisch. Deswegen lehne ich Werbung und derartige spirituelle Lehre ab (nicht die Inhalte, aber dazu komme ich gleich). Sie ist wie die Grünen. Scheinbar liberal und “öko”, hintergründig haben sich die ehemaligen Revoluzzer Schlips und Krawatte angezogen, denn Bionade ist teuer (Rhetorik: Vergleich. Wer ihn versteht, finde den Punkt plausibel)

      Ich will nicht behaupten, dass du mich hier willentlich in eine Richtung drängen wolltest. Ich will hauptsächlich ein bisschen über rhetorische Techniken schreiben und dir gleichzeitig meine Sichtweise transparent machen, weshalb ich zwar an spiritueller Entwicklung interessiert bin, aber solcher Lehre nicht zugetan.

      2.: An dieser Geschichte ist viel Wahres. In sehr vielen Fällen ist die persönliche Umwelt Produkt unseres Innenlebens (Für Interessierte: Ich nehme hier eine konstruktivistische Position ein). Ein Problem für deinen Einwand ist, dass du nicht weißt, wie ich aussehe. Ich bin 1.93m groß und wiege über ca. 105kg ohne sichtbares Körperfett, dazu habe ich sehr kurze Haare und Bart. Ich werde im Allgemeinen nur angerempelt, wenn jemand wirklich nicht überhaupt nicht aufpasst. Dazu sehe ich einfach zu bedrohlich und auffällig aus. Die Erfahrung des Verhaltens nehmen gerade Ausländer wahr. Eine Möglichkeit sich “Platz zu verschaffen” ist es einfach über die Menschen hinweg zu sehen (für kleinere Menschen tatsächlich einfach nach oben schauen). Je stärker man die Menschen ignoriert, desto mehr Platz hat man (blöd nur, wenn alle damit anfangen). Wenn man das noch nie gemacht hat, hat man eine enorme Körperspannung in Erwartung eines Einschlags. Das heißt, dass die Erwartung angerempelt zu werden mit dem Verhalten die Menschen zu ignorieren zu weniger rempeln führt, die Erwartung des angerempelt zu werden mit Rücksichtnahme und Beachtung zu mehr rempeln führt. Das bedeutet, dass es nicht an meinen Erwartungen liegt sondern an meinem Verhalten. Denn Letzteres macht den Unterschied. Daher scheint es mir gerechtfertigt den Blick von Innen (was die erste Adresse sein sollte) nach Außen hin zu wenden.

      3.: Ich erlaube mir folgende Gegenfrage: Warum nimmst du in deinem Kommentar Bezug auf die Person und nicht auf die Sache. Du hättest genauso gut auf das Verhältnis vom Ich zur Umwelt Bezug nehmen können. Das heißt, dass du dich entschieden hast persönlich und nicht sachlich zu schreiben. Was sind also die Voraussetzungen dieser Entscheidung?

  3. emirror

    Lieber Donner,

    ich nehme Bezug auf deine Person, weil du für den Inhalt verantwortlich bist und dieser mehr davon handelt wer du bist, bzw. wie du dich und deine Umwelt siehst, als ein eigenständiges thematisches Objekt zu sein über den man isoliert sprechen könnte.

    Nach meinem Empfinden bist du in deinen Texten auf der Suche nach dir Selbst, indem du exemplarisch Szenen aus dem Alltag nimmst, analysierst, und nach einem -in deinen Augen- angemessenen Verhalten suchst. Du definierst zunächst, scheinbar objektiv, einen Kontext und fügst am Ende dich selbst dort hinein, in der Hoffnung dadurch ein moralisch korrektes Gesetz abzuleiten.

    Allerdings ist deine Konstruktion der Umwelt bereits ein Spiegelbild deiner Art und Weise zu denken und damit eine weitere subjektive Verzerrung: Du definierst eine Welt und ein bestimmtes Verhalten der Interaktionsobjekte darin auf welche du reagieren musst, ohne dir deutlich zu machen, dass dies bereits ein Konstrukt ist, dass nur du allein erschaffen hast, und das in dieser Form, sozusagen “als Solches” nicht existiert. Genauso erschaffe ich mir jetzt in diesem Augenblick ein Bild von dir, dass nur eine formale Projektion meiner Erfahrungen ist, die sich nun zu einer bestimmten Vorstellung verfestigen.

    Jedes Wort, das wir verwenden hat eine bestimmte Qualität, die ihm mitschwingt und manche Worte haben einen so starken Charakter, dass bereits ihre Verwendung tiefe Rückschlüsse auf denjenigen zulassen, der diese gebraucht. Verwendet jemand viele anklagende, pejorative Wörter, so kann man daraus schließen, dass die Gedankenstrukturen dahinter einen stark urteilenden Charakter haben.

    So zeigt die Verwendung der Wörter “Rempler”, “Witz (in seiner pejorativen Form)”, “lächerlich”, “Wichser”, etc., eine Haltung, die mehr an der Demonstration der eigenen Überlegenheit interessiert ist, als an einem gründlichen und annehmenden Verstehen der Gegebenheiten. Die Verwendung dieser Wörter impliziert bereits, dass der Autor sich selber als Überlegen betrachtet und seiner Umwelt mit Ablehnung begegnet.

    Das Problem, das ich daran sehe ist, dass eine solche Haltung nicht etwas ist, dass ein Mensch, je nach Situation ein- oder ausschalten kann, sondern eine fundamentale Sichtweise, die man in seinem tiefsten Kern einnimmt und zu einem Axiom wird das die eigene Realität in jeder Facette formt.

    Deine Axiome haben dich zu dem Schluss gelangen lassen, dass die Welt “ein Witz voller Rempler” sei. In meinen Augen ist das ein sehr trauriges Bild und ich frage mich ob ein Mensch wirklich glücklich werden kann, wenn er den Kontext in den er unausweichlich eingebettet ist, mit soviel Ablehnung betrachtet.

    Man könnte auch genauso gut die Ansicht vertreten, dass die Welt ein Ort der Entwicklung und des geistigen Wachstums ist, voller Wesen, die nach besten Wissen und Gewissen nach Liebe und Erfüllung streben.

    Ich behaupte von mir nicht, dass ich selbst die Wahrheit wüsste oder gar den Schlüssel zum Glück gefunden hätte. Diesen Fehler habe ich in der Vergangenheit allzu oft gemacht und bin damit jedes Mal sehr tief gefallen und habe einige Menschen verloren, die mir sehr viel bedeutet haben. Ich weiß nicht was die Antwort auf den Grund unseres Daseins ist, ich habe nicht einmal für mich eine akzeptable Lösung gefunden.

    Alles was ich bei jeder ehrlichen Selbstbetrachtung finde ist, dass ich für alles verantwortlich bin, das mir je geschehen ist, und wenn es nur kleine, unscheinbare Gedanken gewesen sind, die in dem Moment aus einer egozentrischen Haltung entsprangen.

    Ich habe dir geschrieben, weil ich mich selbst in dir wiedergefunden habe. Ich habe eine Entwicklung beobachtet, die ich selbst auch durchgemacht habe. Ich war auch eine sehr lange Zeit ein großer Anhänger von Nietzsche, doch einige Ereignisse in meinem Leben haben mir gezeigt, wohin diese Art zu denken führt und bin dadurch auf einen anderen Weg gelangt.

    Es ist nicht meine Absicht dich von meiner Art zu denken zu überzeugen, denn ich habe keine abgeschlossene Philosophie, die den Ansprüchen einer Lehre genügen könnte. Ich bin selbst ein Suchender und hatte an dieser Stelle das Gefühl, dass es dir auf deinem Weg helfen könnte, wenn ich dir aufzeige, dass hinter dem was du im äußeren Geschehen siehst mehr gibt, als das Bild, das du dir davon gemacht hast.

    Mit anderen Worten ausgedrückt möchte ich den Konstruktivisten in dir fragen: Möchtest du diese Brille die du dir gebaut hast wirklich tragen?

    Weltuntergängliche Grüße! eM

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    • donnerundpflicht

      Dass diese Inhalte mehr mit meiner Person zu tun haben als mit der Sache selbst, ist erstmal eine Entscheidung. Weil es so wirkt wie ein Schluss, tendiert man zu einer großen Sicherheit, dass das tatsächlich auch so ist. Es ist so ähnlich wie mit einem Kippbild. Ist dort jetzt eine alte oder eine junge Frau zu sehen. Ohne zu wissen, dass das ein Kippbild ist, muss man sich sicher sein, dass die eigene Wahrnehmung richtig ist oder man enthebt sich der Handlungsfähigkeit. Man kann nicht alles hinterfragen und erst recht nicht mit so einer so großen Unsicherheit umgehen. Das macht schlicht das Gehirn nicht mit. Weiter unten werden die Konsequenzen klar, denn die Schlüsse bezüglich meiner Person sind meist falsch oder schief. Nicht weil du nicht gut schließt, sondern weil die Voraussetzungen deiner Schlüsse problematisch sind. Ich hoffe am Ende wird klar, was ich meine.

      Ich bin nicht auf der Suche nach meinem Selbst. Ich habe vor mein Selbst aktiv zunächst zu rekonstruieren. Das hat wenig mit dem zu tun, was ich an Beobachtungen zur Basis meiner Analyse und meiner Entscheidungen anlege. Vom Standpunkt der Wahrnehmung ist selbstverständlich alles konstruiert. Das kann man aber nicht dauerhaft mitführen. Die Prozesse der Erkenntnis sind notwendig nicht verfügbar. Das wäre so, als würde man miterleben, wie im Gehirn aus neuronalen Vorgängen ein dreidimensionales Bild entstehen. Das ist ausgeschlossen, weil sich das, was wir Geist nennen auf einer anderen Ebene angesiedelt ist.

      Mein Vorgehen ist so, dass ich von Gegebenheiten ausgehe, von denen ich annehme, dass sie von meinen Lesern als Wahrnehmungserfahrung geteilt werden. Das können das Ausweichverhalten in der Bielefelder Gegend sein und eine Beurteilung. An Hand meiner Entscheidung mit dieser Wahrnehmung umzugehen zeige ich eine alternative Möglichkeit auf. Ich bin von vorne herein Teil des Modells und das sogar notwendiger Weise. Schließlich gebe meine Entscheidung und meine Wahrnehmung als Fallbeispiel an um Möglichkeiten aufzuzeigen. Den Begriff “angemessen” ersetze ich hier durch “widerspruchsfrei”. Wenn ich einerseits behaupte, dass glücklich sein wichtige Voraussetzung für dasjenige ist, was ich im Leben erreichen will, dann gilt es diese eben auch zu erreichen. Das Mittel ist meine Umwertung dieser Situation. Mein Selbst ist zu jedem Zeitpunkt dieser Konstruktion mit inbegriffen und wird nicht im Nachhinein eingefügt. Gerade “Objektivität” in deinem Sprachgebrauch ist nicht mein Anspruch.

      Die Verwendung von solchen Wörtern kommt bei mir zu einem nicht unerheblichen Teil durch meine Sozialisation in der Unterschicht zu Stande. Ich verwende auch viele Wörter um diese Empfindung so darzustellen, so dass sich viele Menschen so darin wiedererkennen, dass sie meine Erfahrungen teilen können. Der wütende und verurteilende Charakter des Textes ist didaktische Intention von mir.

      Deinen Fehlschluss kann man daran erkennen, dass deine Folgerung als Unglauben in einem Witz voller Rempler unglücklich zu sein genau im Gegensatz zu meinem Schluss und meiner Umwertung stehen. Gerade das macht mich glücklicher und in dieser Umwertung verlieren die Begriffe dann in Konsequenz ihren pejorativen Charakter. Dein Schluss ist empirischer Maßen widerlegt. Zumindest für mich. Ich bin ein überaus fröhlicher Mensch.

      Klar kann ich auch eine andere Sichtweise annehmen. Ich könnte davon ausgehen, dass die Bielefelder eine Herausforderung für meine Geduld und meine Güte sind. Ich könnte ihnen dankbar sein, dass sie mir helfen, dass ich diese Eigenschaften auszubilden. Das Produkt der Entscheidung selbst ist aber nicht Thema und ein Produkt kann man auch schlussendlich nicht rechtfertigen. Deswegen spreche ich auch gerne von Notwendigkeiten. Ich beleuchte Entscheidungspunkte, weil ich niemandem in diese Entscheidung hereinreden (wollen kann). Mich selbst nehme ich nur als Beispiel und wenn jemand sagt, dass Welt ein gütiger Ort ist, freut mich das für ihn. Das ist aber nicht nicht in jedem Fall gut oder überhaupt anschlussfähig.

      Ich versuche insofern eine universelle Anleitung für das gute Leben zu gewinnen, als dass sie prinzipiell von jedem benutzbar ist. Deswegen kann ich nur Notwendigkeiten aufzeigen, aber niemals die Produkte meiner Entscheidungen als Richtige zu werten. Einem Vergewaltigungsopfer kann ich nicht sagen, dass die Welt voller Menschen ist, die nach bestem Wissen und Gewissen handeln.

      Daher kann ich nur abschließend sagen: Ja, ich bin von der Richtigkeit meiner Sichtweise überzeugt. Sonst würde ich selbstverständlich eine andere einnehmen. Allerdings ist der Brillenvergleich unpassend, weil es um Entscheidung geht und nicht um Urteil.

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