Sprache ist wichtig. Erst sie macht als Medium lebendig, wie die Erde für einen kräftigen und gesunden Wuchs von Pflanzen sorgt. Das, was in seiner Muttersprache geschrieben ist, kommt einer regionalen, saisonalen und naturbelassenen Kost gleich.
Übersetzungen sind dagegen immer auch ein bisschen gekünstelt, raffiniert und verarbeitet. Das macht sie schwerer verdaulich und nimmt den Texten ihren eigentümlichen, ihren natürlichen Charakter.
Daher ist eine gute Übersetzung eigentlich ein neu geschriebenes Buch und sollte als ein anderes Buch betrachtet werden. Eine schlechte Übersetzung macht aus der fremden Sprache ein raffinierten Zucker – ohne die sinnevernebelnde Süße.
Eine gute Übersetzung ist ein organischer Umwandlungsprozess. Die Frucht der Orginalsprache fällt auf den Boden, wird von den Wurzeln des Übersetzers aufgenommen und dann zur eigenen Frucht gebracht. Wir essen Himbeeren, die sich von Brombeeren genährt haben. Als Deutscher hat man nicht Dostojewski gelesen, sondern Swetlana Geier — hoffentlich sie.
Daher bieten sich bei der Auswahl der Lektüre folgende Gebote an:
- Lies Bücher, die in einer Muttersprache geschrieben sind.
- Lies nur gute Übersetzungen, verweigere schlechte Übersetzungen und vielleicht sogar auch das Buch selbst, wenn du es in seiner Muttersprache lesen kannst. Es gibt genügend großartige Bücher auf der Welt.
- Beachte diese Gebote, wenn du Belletristik liest. Liest du Sachbücher oder Fachartikel, ignoriere sie und lies sie, wie immer du kannst.