In moralischen Debatten ist es ein Vorteil, wenn man sich in die Rolle des Schwächeren oder versucht einen Schwächeren zu verteidigen.1 Doch dieser Vorteil scheint vielmehr psychologischer Natur als moralischer Natur zu sein.
So kann man seine eigene Wut und rechtfertigen. Es ist recht und richtig wütend zu sein, wenn wir sehen, dass Starke sich gegen Schwache richten.
Doch wie wahrscheinlich ist es, dass es vielmehr darum geht, überhaupt Wut zu empfinden, und Ungerechtigkeit ein willkommener Anlass ist?
Wir können dies prüfen, indem wir untersuchen, inwiefern Gerechtigkeit ein Element von solchen Bewegungen ist.
Was ist Gerechtigkeit?
Gerechtigkeit äußert sich darin, dass wir einen Übeltäter leiden machen wollen. Er soll für seine Taten bestraft werden. Damit wird Gerechtigkeit zu einem sadistischen Bedürfnis.
Will man seinen sadistischen Trieb durch Gerechtigkeit befriedigen, muss man den Übeltäter Leiden machen. Es reicht nicht ihm Schmerzen zuzufügen. Das folgt aus dem Wesen des Sadismus. Wir können dies daran sehen, dass wir uns empören, wenn ein Straftäter dem Verfahren oder der Strafe gegenüber eine neutrale oder freudige Haltung einnimmt.
Sadismus ist die Disposition am Leiden eines Anderen Genuss zu empfinden. Das Gefühl von Macht ist die Quelle dieses Genuss.
Wir können dies an verschiedenen Situationen festmachen. Das Wesen von “Instant justice”, sofortiger Gerechtigkeit, ist nicht, dass Leiden aufgehoben wird. Ein Übeltäter wird Leiden gemacht, Leiden wird geschaffen. Das gibt uns das gute Gefühl von Gerechtigkeit und wir können daran sehen, dass ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden nichts weiter ist als ein ausgeprägter, sozial gerechtfertigter Sadismus.
Hier einige Videos zur Demonstration und zum Nachempfinden.
https://www.youtube.com/embed/CPOni6oiLKM
https://www.youtube.com/embed/FGfy6JAl2kk
Die Meisten von uns empfinden Freude, wenn der Übeltäter leidet. Ich wiederhole: Es ist dieses Leiden, dass die Freude auslöst. Das Gefühl von hergestellter Gerechtigkeit ist die Freude an fremden Leiden.
Ich halte diese Haltung für höchst schädlich, denn sie ist Eintrittspforte für weiteren Sadismus.
Das Leiden eines vermeintlichen Übeltäters kann zum Wert an sich werden. Wenn das passiert, ist die Voraussetzung für eine Eskalation von Gewalt gegeben. Dann geht es nicht mehr um das Maß, Gerechtigkeit ist nicht mehr das Wiederherstellen von Gleichgewicht. Sadismus, zunächst versteckt als Gerechtigkeit, zeigt seine hässliche Fratze.
Der Feminismus und Sadismus
Sehen wir uns zur Illustration ein paar Sachverhalte im Zusammenhang mit einer der prominentesten Gerechtigkeitsbewegungen an: Dem Feminismus.
Wir können eine einfache Unterscheidung aufmachen:
- Feminismus ist eine Haltung, welche auf die Aufhebung weiblichen Leidens ausgerichtet ist.
- Feminismus ist eine Haltung, die auf einen Machtgewinn gerichtet ist.
Beachte an dieser Stelle, dass ich nicht vom Feminismus als sozialer Bewegung spreche. Ich spreche von einer feministischen Haltung. Das heißt, einer Charakterisierung einer Person.
Wenn wir davon ausgehen, dass Feminismus die Haltung ist, welche darauf ausgerichtet ist, weibliche Macht zu erhöhen, um soziale Gerechtigkeit herzustellen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Feminismus eine eher sadistische Grundhaltung ist.
Feministische Doppelmoral
Üblicherweise ist Feminismus auf Ungerechtigkeit gerichtet, bei welcher eine Frau in der Opferrolle gesehen wird.
Deswegen wird einem weiblichen Opfer mit einer viel größeren Wahrscheinlichkeit geholfen als einem männlichen Opfer.
In diesem Video können wir alle drei Reaktionen sehen:
- Der Frau wird umgehend geholfen.
- Dem Mann wird üblicherweise nicht geholfen und eine unbeteiligte Frau freut sich sogar über die Gewalt, die dem Mann angetan wird.
- Eine Frau begründet, das Gewalt zu unterbinden ist.
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Wir sehen, dass in den ersten beiden Fällen auf die Personen gerichtete Emotionen die Gründe für das Handeln sind. In beiden Fällen kennzeichnen Gerechtigkeitsgefühle die Situationen.
Die Dame im linken Oberteil erfreut sich an der Gewalt, die dem Mann angetan wird.
Nur im dritten Fall ist das Handeln auf das Vermeiden von Leiden selbst gerichtet. Diese Frau argumentiert sachlich und nicht persönlich. Gerechtigkeit spielt keine Rolle in ihrer Begründung.
Daraus können wir folgende Dinge ablesen:
Gerechtigkeitsempfinden führt nicht zu einer Senkung von Leiden. Gerechtigkeitsempfinden unterscheidet zwischen Leiden, an welchem wir Freude haben, und Leiden, an welchem wir mitleiden.
Diese Unterscheidung ist anfällig. Sympathie macht Mitleiden wahrscheinlicher. Antipathie dagegen macht Freude an fremden Leiden wahrscheinlicher.
Die Förderung und Verringerung von Leiden werden dann nicht mehr auf eine wie auch immer gearteten Moral ausgerichtet. Lust und Laune übernehmen dann unser Handeln und dieses ist auch geprägt, von unseren primitiveren Moralempfindungen.
Sehen wir uns die Stufenentwicklung der Moraltheorie an, sehen wir, dass wir auch offensichtlich problematische Haltungen in uns vergraben haben:
Auf der ersten Stufe bewerten wir nur die Dinge gut, welche unsere Bedürfnisse befriedigen. Das ist radikaler Egoismus. Wir verringern oder befördern dann Leiden, wenn es unseren Zwecken dient.
Diese Überlegungen führen uns eine weitere Verbindung zwischen unseren Empfindungen und unseren moralischen Annahmen vor Augen:
Egoismus versteckt sich im Gewand der Gerechtigkeit als Altruismus – manchmal.
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Wer sich für Nietzsches Position dazu interessiert, sollte unter dem Begriff “Sklavenmoral” suchen. ↩