Das Unbehagen der Moderne ist ein sehr reales Phänomen. Es ist keine Einbildung und kein Hirngespinst. Was ist das Unbehagen der Moderne? Es ist das Gefühl, alles zu haben und doch nichts, was uns Halt gibt.
Wir denken: Eigentlich müssten wir glücklich sein, haben wir denn nicht alles, was uns glücklich macht? Warum sind wir bedrückt, wenn wir alles haben?
Kein Glück der Welt kann uns Halt geben. Es sind Sinn und Bedeutung, an denen wir uns festhalten können, auf die wir uns stellen können wie auf festen Boden. Sie sind unsere Rüstung, unser Schutz, unser Schwert, mit dem wir unsere Lieben beschützen können. Das Unbehagen der Moderne ist die graue Vorahnung, dass wir den Halt verlieren.
Die Menschen in den Konzentrationslagern wurden auf die Probe gestellt. Viktor Frankl hat das Konzentrationslager als ein schreckliches Experiment erkannt: Was kann der sinnerfüllte Mensch überleben? Denn ohne Halt fallen wir in den Tod:
Die psychologische Beobachtung an den Lagerhäftlingen hat vor allem ergeben, daß nur derjenige in seiner Charakterentwicklung den Einflüssen der Lagerwelt verfällt, der sich zu vor geistig und menschlich eben fallengelassen hat; fallen ließ sich aber nur derjenige, der keinen inneren Halt mehr besaß!1
Nietzsche Frankl bestätigt:
Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie? — Der Mensch strebt nicht nach Glück; nur der Engländer thut das. (KSA, GD)
Das Unbehagen der Moderne ist die Vorahnung, dass noch Schlimmeres kommen wird. Unser Leben ist so sinnlos geworden, dass wir nicht einmal unser modernes Leben aushalten. Es ist die Angst vor dem seelischen Tod. Der Mensch der Moderne ist so sinnlos geworden, dass er nicht einmal Wohlstand ertragen kann.
Wir haben bisher nur wenige Jahrzehnte in dieser Sinnlosigkeit gelebt. Noch zu Lebzeiten der sogenannten Millennial-Generation droht eine sehr deutliche Verstärkung dieses Unbehagens.
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Viktor Frankl (2018 (Ersterscheinung: 1946)): … Trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, Pößneck: Penguin Verlag. ↩